Von Uebermenschen und Kleinbürgern, Regierungen, Parlamenten … und Verwaltungen

Dieter Freiburghaus, bis vor kurzem Professor für europäischen Studien am IDHEAP, der Kaderschule der Schweizer Verwaltungen, nimmt zur laufenden Diskussion zu überforderten Bundesräten und Regierungsreform Stellung. Weniger den Bundesrat kritisiert er, mehr das Parlament, und er verschweigt, dass hinter allem eine starke, ausgleichende Verwaltung steht. Davon hätte man aus berufenem Munde gerne mehr gehört.

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Dieter Freiburghaus, emeritierter Professor am IDHEAP, wo er jahrelang die Kader der Verwaltungen von Bund und Kantonen ausgebildet hat.

Zuoberst in der politischen Hierarchie sieht Freiburghaus Volk und Stände. Sie bestimmen das Zweikammern-Parlament der Schweiz. Dieses wählt den Bundesrat und das Bundesgericht. Und es übt die Oberaufsicht aus, wie es sich seit 1848 geziemt!

Gewollt sei, so der Mathematiker, Oekonom und Politikwissenschafter, dass wir auf Bundesebene keine starke Regierung haben. Eigentlich haben wir überhaupt keine Regierung, keinen Ministerpräsidenten, keine Richtlinienkompetenzen, keine verbindliche parlamentarische Mehrheit, keine Parteidisziplin und keine kohärente Regierungspolitik. Es sei das Vorrecht des Parlamentes, das zu zuersausen, was es vorgelegt bekomme. Und Gleiches dürfe mit den Referenden auch das Volk, bisweilen auch die Stände. Das alles sei dann zusammenfasst “Konkordanz”!

Angesichts schwacher Strukturen für den Bundesrat erwarteten wir, dass Uebermenschen die Defizite kompensieren würden. Schlimmer noch: Die medialen Uebermenschen müssten kleinbürgerlich wie wir selber sein, damit wir uns mit ihnen identifizieren können. Klappen werde das alles nie

Das Parlament, so urteilt der Wissenschafter in Pension, habe mit dem GPK-Bericht seine Verantwortung wahrgenommen. Es habe einen Splitter im Auge des Bundesrates entdeckt. Und es übersehe geflissentlich den Balken in seinem eigenen. Daran müsse man arbeiten, wenn man weiter kommen wolle.

Die Schweiz habe die Finanzkrise besser bewältigt als die meisten anderen Staaten, hält Freiburghaus dem Klagelied entgegen, in das er selber eingestimmt hat. Warum? Wegen der Verwaltung, möchte man in Ergänzung zum Kommentar von Freiburghaus in der NZZ beifügen. Darüber würde man IDHEAP-Professor, der sein Leben lang dessen Kader ausgebildet hat, gerne mehr erfahren.

Denn das Funktionieren der Administration als Hemmschuh in starken Zeiten ist eine gängiges Thema der gängigen Staatskritik. Ihre Wirkung als Stabilisator in Krisenzeiten ist dagegen bisher kaum diskutiert worden.