Strategische Führung und unser Bundesrat

Bundespräsidentin Doris Leuthard sprach sich gestern im Nationalrat für eine Verbesserung der strategischen Führung durch den Bundesrat aus. Zu recht, wie ich meine!

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Gestern im Nationalrat, während den Ausführungen von Bundespräsidentin Leuthard

Strategische Führung ist in aller Leute Mund. Unternehmen werden nach den Leitsätzen der zielorientierten Planung, Steuerung und Kontrolle aufgebaut. Staatliche Dienstleistungen bekommen einen Leistungsauftrag und müssen diesen unter Verbesserung von Effektivität und Effizienz einhalten. Ja, selbst Gemeinden und Kantone unterwerfen sich den Gepflogenheiten, die aus der Privatwirtschaft kommen, aber auch in der Staatswirtschaft Vorteile versprechen.

Nur wenn es um den Bundesrat geht, scheint das alles nicht zu gelten!

Von realitätsfremden, ja surrealen Reformvorstellungen ist da die Rede, für die die Zeit nicht reif sei oder eine veränderte personelle Konstellation von alleine Abhilfe schaffe.

Nun gehöre ich bei Weitem nicht zu jenen, die den Bundesrat nur an seiner Führungsarbeit und Strategiefähigkeit beurteilen. Mir ist klar, dass gerade die Regierung einem Bundesstaatsgefüge, in einer plurikulturellen Gesellschaft und in einer Parteienlandschaft ohne Mehrheitspartei zunächst integrative Aufgaben hat. Sie muss Parteien verschiedener Farben, Kantone und Städte mit divergierenden Interessen und Gesellschaftsteile, die sich auf unterschiedlichste Werte beziehen, zusammenhalten.

Doch muss die Bundesregierung nicht nur das!

Zu den Aufgaben des Bundesrates gehört es auch, sich in einem rasch wandelnden internationalen Umfeld durchzusetzen, richtige Entscheidungen zu treffen, wenn Rezession oder Inflationen drohen, und er muss sich auch in der globalen Medienwelt mit ihren Themen, Emotionen und Anklagen behaupten können. Gerade dafür braucht es die Verbesserung der strategischen Führung in der Schweizer Bundesregierung.

Innere Verbundenheit, kurze Entscheidungswege und gemeinsame Zielvorstellungen gehören genauso dazu, wie individuelle Kompetenz, generelle Erfahrung und professionelles Fachwissen. Das sei all jenen gesagt, die gerade nach der Veröffentlichung des GPK-Berichtes ein mentales Bollwerk gegen jedwede Reform der Bundesregierung aufbauen, um partikuläre Absichten zu schützen.

Selbst der Bundesrat ist williger als manche Kommentatoren. Gestern betonte Bundespräsidentin Doris Leuthard, die angestrebte Regierungsform beschleunigen zu wollen. Man werde noch vor dem Sommer einen Bericht hierzu vorlegen. Und Themen wie die Energie- oder Europapolitik sollen an Retraiten von den 7 BundesrätInnen vertieft behandelt werden. Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, in diesem Dossier federführend, versprach eine Stärkung der Bundeskanzlei und eine bessere Koordination der Kommunikation.

Das halte ich mal fest: Die Analyse schreitet voran, und auch die Massnahmen entwickeln sich. Das ist im Ansatz lobenswert, denn der Weg wird in Angriff genommen. Nun braucht es noch eine klarere Zieldefinition und eine gute Landkarte, wie man dorthin kommt. Denn eines ist sicher: Die nächste Krise kommt bestimmt und spätestens dann gilt die schon ältere Erfahrung zum politischen System der Schweiz: gute Leistungsbilanz bei schönen Wetter, Ueberforderung bei schlechtem. Das zu ändern ist genau einer der Aufgaben von strategischer Führung.