Was für eine Woche!

Urs Gredig, Tagesschau-Sprecher vom SF, versprach sich gestern nicht, als er sagte, diese Woche müsse man den Rucksack aus dem Staatskundeunterricht stets griffbereit halten. Denn die Themenlage erreicht eine unübliche Dichte, und sie ändert sich in einem selten gesehenen Tempo. 20 Minuten habe ich eben frei gehabt und eingesetzt, um meine Uebersicht zu wahren.

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Die Geschäftsprüfungskommissionen von National- und Ständerat bei der Präsentation des GPK-Berichtes zur Krisenmanagement des Bundesrates in Sachen UBS und Bankgeheimnis

GPK-Bericht
Höhepunkt dieser Entwicklung war die Präsentation des GKP-Berichts zum Bundesrat in der jüngsten Finanz- und Steuerkrise. Verzicht auf Protokolle in der UBS-Affäre auf präsidiale Order hin, kein Informationsaustausch im Bundesrat und Misstrauen unter Regierungsmitgliedern resp. gegenüber der Oeffentlichkeit waren ohne Zweifel irritierende Festellungen der untersuchenden ParlamentarierInnen. Die Delegation zentraler Aufgaben an Fachaorgane wie die Finma sind zwar in Sache zu begrüssen, darf aber nicht zum Ersatz für politische Führung werden. Diese versagte offensichtlich, wobei die Deutungen schwanken zwischen schwachen Figuren im Bundesrat und nicht mehr zeitgemässen Regeln, wie dieses Gremium funktioniert.

Unabhängig davon, ob es nun zu einer PUK kommt oder nicht, ob gegen die UBS Anklage erhoben wird oder nicht, die Diskussion über das Regierungssystsem der Schweiz ist voll lanciert worden. Sie braucht politischen Leitideen, welche bisher keine Partei entwickelt hat, und sie braucht den Rat von Fachleuten und BürgerInnen, die sich Sorge machen, wie es mit dem Bundesrat weiter gehen soll.

Sachpolitische Entscheidungen
Zentrales Dossier in der parlamentarischen Behandlung ist der Staatsvertrag der Schweiz mit der USA, um die Uebergabe von knapp 5000 Kundendaten der UBS zu regeln, selbst man damit das Bankgeheimnis kippt. Die Ausgangslage hat sich geändert, seit FDP und CVP trotz Kritik aus dem Bundesgericht nicht mehr alleine dafür einstehen, sondern auch die SVP ihre ursprünglich Opposition aufzugeben bereit ist. Im Stöckli hat das schon mal für die Mehrheit gereicht. Das hat namentlich die Veto-Position der SP klar geschwächt, und die Diskussion hin zur Frage verlagert, ob es ein bewilligter Vertrag dem Referendum umstellten werden solle oder nicht.

Auch in der Frage der Abzocker-Initiative gab es diese Woche eine Wende. Der Nationalrat verzichtet nun darauf, dem Volksbegehren einen direkten Vorschlag auf Verfassungsstufe gegenüber zu stellen; vielmehr befürwortet er wie der Ständerat eine Gesetzesrevision, die möglichst zu einem Rückzug der Minder-Initiative führen würde, sicher aber eine Abstimmung darüber aus dem Wahljahr kippt.

Erste Bilanz

Bilanziert man das, sind die Chances des UBS-Staatsvertrages diese Woche etwas gestiegen, und versucht man, eine Volksabstimmung über die Minder-Initiative zu verhindern. Gesunken ist die politische Unterstützung des Bundesrates, teilweise seiner Mitglieder, vor allem aber der Funktionsweise des Gremiums. Die UBS widerum sieht sich denkbaren Klagen gegenüber. Statt einer PUK scheint sie für einmal eine Historikerkommission als Instrument der Krisenbewältigung zu favorisieren.

Das bürgerliche Lager steht am Ende der ersten Woche in der Sache einem Punktesieg nahe, ohne sich wirklich freuen zu können. Die SVP hat sich durch die entschiedene Blockbildung im Zentrum bewegt, spielt aber mit der Rückkehr von alt-Bundesrat Christoph Blocher in die aktiven Institutionenpolitik. Die Linke wurde mindestens teilweise isoliert, kann sich aber als Partei der Volksabstimmung profilieren und damit den Druck aufrecht erhalten. Sie kann auch noch damit spekulieren, in der Boni-Frage mit der CVP zu einem Teilerfolg zu kommen.

Es ist schon Wahljahr
Zurecht wurde dieser Tage auch darauf hingewiesen, dass mit der Rücktrittsankündigung von Markus Notter für die Zürcher Regierungsratswahlen das Superwahljahr 2011 mit den Zürcher Wahlen im Frühlikng und den eidgenössischen Wahlen gerade eben begonnen hat, das rotgrüne Lager trotz Rechtsruck zersplittert dasteht, die SVP sich ausdehnen könnte und das Zentrum elektoral unter erheblichen Druck agiert. Das hat man auch in Glarus begriffen, wo man die FDP und CVP schneidet, aber der BDP als unverbrauchter bürgerlichern Zentrumskraft vertraut.

Den i-Punkt setzte der Ständerat mit einem scheinbar populären, vor allem aber symbolischen Entscheid: Der Wolf ist zum Abschuss frei!