Grossbritannien wettet, wählt und wartet ab!

Morgen wählt Grossbritannien sein Unterhaus. Um 23 Uhr am Abend wird man wissen, wer wie viele Sitze hat, und was das in WählerInnen-Anteilen bedeutet. Allgemein erwartet wird ein Wahlsieg der Konservativen, der aber nicht für die Mehrheit der Sitze ausreichen wird.

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Die letzten Umfragen auf Basis von repräsentativen Stichproben werden eben auf Internet publik gemacht. Nimmt man den UKPollingReport als eingemitteter Massstab, rechnen die Umfrageinstitute mit 35 Prozent der Stimmen für die Concervatives, 28 Prozent für Labour und 27 Prozent für die LiberalDemocrats. Ein Zehntel der Stimmen würde an alle andern Parteien gehen.

Erstaunlich ähnlich fällt die Wahlbörse aus. Die Wettfreunde halten 35 Prozent für die rechten Konservativen, 27 Prozent für linken Sozialisten und 26 Prozent für die Liberaldemokraten für die wahrscheinlichste Verteilung der Stimmen.

Doch heisst das in Grossbritannien nicht viel. Das ausgeprägte Mehrheitswahlrecht führt dazu, dass nur stärkste Parteien den Sitz in einem Wahlkreis macht. Parteien mit Hochburgen sind da bevorteilt, solche ohne Machtzentren fallen zwischen Stuhl und Bank.

Das wissen auch die Börsianer. Sie geben der Conservatives 286 Sitze im Unterhaus, gefolgt von Labour mit 218 und den Liberaldemokraten mit 114 Sitzen. Die übrigen Parteien kämen demnach auf 32 Abgeordnete. Das würde heissen, dass keine Partei die Mehrheit der Sitze hätte, es aber sowohl für eine Mitte/Rechts, wie auch für eine Mitte/Links-Koalition reichen würde.

Für die Umfrageinstitute ist die Umrechnung der nationalen WählerInnen-Anteile in Sitze ein grösseres Problem. Deshalb dominieren hier Erfahrungswerte für die Auswirkungen, die eine Prozente WählerInnen-Gewinne oder Verluste mit sich bringen. Da lässt eine deutlicher knapperen Wahlausgang erwarten: UKPollingReport, dass die wichtigsten Umfrageserien gewichtet, rechnet mit 274 Sitze für die siegreichen Konservativen, 264 für die Sozialisten und nur 81 für die Liberaldemokraten.

In der Endabrechnung würde das aber das Gleiche heissen: Die Konservativen gewinnen, doch reicht es nicht für die alleinige Mehrheit. Deshalb werden verschiedene Szenarien diskutiert:

Am klarsten wäre es, wenn die Konservativen 326 Sitze und damit die alleine Mehrheit erhielten. David Cameron würde die Regierung direkt stellen können.

Wenn die Konservativen klare Gewinnerinnen wären, aber keine Mehrheit erhielten, wäre eine Minderheitsregierung aus Konservativen mit Duldung der kleinen Parteien denkbar. Die Tories müssten wohl auf 300 Sitze kommen, denn die kleinen Parteien sind für rund 30 Sitze gut.

Wenn das nicht möglich ist, die Konservativen stärkste Partei sind, ist eine Mitte/Rechts-Regierung, namentlich mit den Liberaldemokraten, denkbar.

Wenn schliesslich Labour und Conservatives ähnliche viele Sitze bekommen, ist denkbar, dass Brown Premier bleibt und mit den Liberaldemokraten eine Koalitionsregierung anstrebt. Voraussetzung ist hier wohl, dass sie gemeinsam eine Mehrheit der Abgeordneten stellen.

Wer auch immer mit den Liberaldemokraten koalieren will, muss sich wohl auf ihre wichtigste Systemforderung einlassen, und das extreme Mehrheitswahlrecht revidieren. Ganz ohne ist das weder für die Tories noch für Labour.

Und so bleibt: Grossbritannien wettet, wählt und wartet ab, bis man es weiss!