Der Vulkan, die Politik und die gegenwärtigen Stimmungslagen

Der Eyjafjalla-Vulkan war dieser Tage in aller Leute Mund. Wahrscheinlich hat sein überraschender Ausbruch mit den unerwarteten Folgen wie kaum ein anderes Ereignis der jüngsten Zeit uns beeindruckt. Zurecht, ja gerade treffend für die Eruptionen in der politischen Landschaft, sage ich da!

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Ausbruck des Eyjafjalla-Vulkans im April 2010

Fulvio Pelli, der Präsident der FDP, brachte es am Samstag auf den Punkt: Die innerparteilichen Spannungen um das Bankgeheimnis und Schwarzgelder seien “explodiert wie ein Vulkan”. Losgetreten wurde die Debatte durch FDP-Unternehmer. Sie fürchteten, die Partei könnte angesichts des Abzocker-Images untergehen. Die Partei müsse sich von Bankeninteressen emapnzipieren, und gleichwert an der Werkplatz Schweiz denken. Das rief umgehend die Vertreter der Banken und Versicherungen auf den Plan, die der verlangten Weissgeld-Strategie eine Abfuhr erteilen. wollten. Ganze Kantonalparteien empörten sich, und unter den Parteimitgliedern brodelte es mächtig, ja kam es bei den Berner Wahlen zu einer eigentichen Explosion. 10 Wochen dauerte die Auseinandersetzung an.

Zurecht verglich Fulvio Pelli die Lage der FDP mit der eine Vulkans. Denn tief unten in der Partei sind unverändert starke Ueberzeugungen aktiv. Angesichts der Verkrustung an der Oberflächte kommen sie aber kaum mehr zum Tragen. Das erhöht den innern Druck seit längerem. Dieser verschaffte sich Raum, als die Parteispitze in der Bankenpolitik eine Kehrtwende vollzog. Das legte allseits die Emotionen offen. Die Medien feuerten die verschiedene Protagnisten an, sodass alles ausser Kontrolle geriet. Der angerichtete Schaden zwang zur inneren Einkehr, wie es der Parteipräsident gestern formulierte.

Erstmals das Gefühl einer vulkanartigen Stimmung hatte ich letzten Herbst bei den Genfer Wahlen 2009. Der grosse Ueberraschungssieger war damals das MCG, eine rechte Protestbewegung, die bei den Parlamentswahlen richtiggehend Wählerstimmen absahnte. Mit der Grenzgängerproblematik nahm sie ein Thema auf, das im Lokalen seit längerem für erhebliche Spannung sorgte, die von keiner Partei aufgenommen und einer Lösung zugeführt wurden. So brauchte es nur einen Strassenwahlkampf des Aussenseiters während einigen wenigen Wochen, und schon stand Genf Kopf. Die Volksseele kochte,und bei der Neubesetzung des Genfer Grossen Rates entlud sie sich eruptiv. Doch schon bei den nachfolgenden Regierungsratswahlen scheiterte der Spitzenkandidat des MCGs, und die bisherigen Regierungsparteien setzten sich wieder durch. Der Genfer Vulkan war schnell wieder erloschen.

Man könnte hier auch die Minarett-Initiative anfügen, um ein nationales Beispiel zu haben. Und sicherlich gibt es in vielen Städten ähnliche Stimmungslagen, die zu vergleichbaren Ausbrüchen führen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass die Ausbrüch kaum vorhersehbar sind. Wenn sie erfolgen, beeindrucken sie uns gewaltig, um auch recht schnell wieder an Strahlkraft einzubüssen.

Wer solche Eruptionen auslösen, wer sie steuern und wer sie zu seinem Instrumenten machen kann, der ist sich des politischen Erfolgs gegenwärtig sicher. Davor scheint fast niemand mehr sicher zu sein. Doch wen es trifft, den rüttelt es gründlich durcheinander. In seinem Umfeld kommt es zu erheblichen Schäden. Und so fragt sich natürlich, wer 2011 rechtzeitig vor den Wahlen nicht nur 1. August-Kracher loslassen wird, sondern ganze Vulkane zum bersten bringen kann. Das Ausland? Die Wirtschaft? Oder die SVP?