Thomas Bernauer, einer der beiden Studienleiter, verschwieg die Ursache der Studie nicht: Immer häufiger werde bei der Vergabe finanzieller Mittel an Personen und Institute auf Instrumente wie Publikationen in Journals oder auf dem Web abgestellt. Um eine solche Bewertung von aussen zu vermeiden, habe sich die Schweizerische Vereinigung für Politische Wissenschaften entschieden, selber eine Bibliometrie der Schweizer Politikwissenschaft zu erstellen.
“Institutsvergleiche” in der Schweizer Politikwissenschaft hinsichtlich Publikationen und Zitierungen in Fachzeitschriften, Boxplot, sortiert nach Medianwerten. Ein(e) ProfessorIn in der Schweiz hat demnach im Schnitt 6 international registrierte Publikationen und 55 Zitierungen auf Google Scholar.
Wissenschaftlich gesehen interessierte die Frage, wann ein Professor oder eine Professorin hinsichtlich Publikationen den Karrierehöhepunkt erreicht. “15 bis 20 Jahre nach der Doktorarbeit” lautet die Antwort. Wer es innert 5 bis 10 Jahre zu einer Professur bringe, brauche noch eine Etablierungsphase, um mittels Veröffentlichungen in Journals und mit Büchern selber breit genug präsent zu sein und von KollegInnen hinreichend verwendet und empfohlen zu werden. Internetpräsenz ist neuerdings davon nicht unabhängig, entwickelt sich vielmehr parallel dazu.
Bei der Präsentation im Rahmen des Jahreskongresses interessierte vor allem der Vergleich der Institute untereinander. Führend sind (in alphabethischer Reiehenfolge) die Institute der Universitäten Bern, Luzern und Zürich gemeinsam mit der ETH in Zürich. Es folgen Genf (Uni und IHEID) und St. Gallen, während die Politikwissenschaft in Lausanne (Uni und IDHEAP) am wenigsten präsent ist. Zum Teil lässt sich das mit einer stärkeren Ausrichtung auf Lehre und angewandte Forschung begründen.
Die Diskussion der neuartigen Studie am Jahreskongress der PolitologInnen-Vereinigung konzentrierte sich zuerst auf methodische Eigenheiten. Bemängelt wurde, dass Selbstzitierungen und Co-Autorenschaften gleich wie Fremdzitierungen von Einzelbeiträge gezählt wurden; eine anerkannte Lösungen des Problems zeichnete sich nach Fabrizio Gilardi, dem zweiten Autor, nicht ab. Eine Präzisierung war hart: Da die Publikationsbiografien von Individuen untersucht wurden, sind die Vergleiche keine Aussage über den Output politikwissenschaftlicher Institutionen, sondern der in ihnen tätigen WissenschafterInnen, – egal, wann sie ihren Publikationspeak hatten.
Sichtbar werden dank der Studie Unterschiede in der Nachwuchsförderung: Die Hälfte der 28 qualifizierten, universitären ForscherInnen ohne Professur sind in Zürich an der Uni oder an der ETH tätig. Die Konzentration wirkt sich offensichtlich auf die Produktivität aus, denn diese ist auf dem Platz Zürich doppelt so hoch wie in der übrigen Schweiz.
Da bibliometrische Platzierungen in den kommenden Generationen üblicher sein werden, ist damit zu rechnen, dass die kommenden Professoren schwergewichtig aus Zürich kommen werden, und sich die Scheu, verglichen zu werden, damit auch abnehmen wird.
Quelle: Th. Bernauer, F. Gilardi: Publication Output of Swiss Political Science Departments, SVPW (noch unveröffentlicht)
Was ist ein “Boxplot”?
Boxplots sind die omischen “Säulen” in der Grafik. Sie lesen sich so: der oberste resp. unterste Punkt, am Ende der gestrichelten Linie, repräsentiert den/die produktivste(n) ProfessorIn des Instituts, resp. sein/ihr Gegenstück. Würde man nur auf die Extreme abstellen (was man unstatistsich dokumentiert häufig tut), ergäbe das ein ziemlich schiefes Bild. Am Beispiel des Genfer Instituts: Es könnte ganz top, aber auch ganz flop sein.
Die dicke schwerze Linie in der Box gibt den mittleren Professor wider. Mittel heisst, dass es genau so viele gibt, die produktiver sind wie umgekehrt. Wenn einen Institut eine gerade Zahl MitarbeiterInnen hat, ist es eine vorgestellte Linie. Sie diente hier für die Klassierung.
Die Box schliesslich zeigt, wie sich, bei 4 Mitglieder, die einzelnen verteilen. Denn dann ist die Hälfte in der Box, die andere, aufgeteilt in je einen Viertel ausserhalb.
Oder anders gesagt: Box-Plots sind Darstellungsformen in der explorativen Datenanalyse. Sie bieten einen direkten Verteilungsüberblick und eignen sich insbesondere zum Verteilungsvergleich.Mehr dazu unter: http://marktforschung.wikia.com/wiki/Box-Plot