Wer links, wer rechts stimmt, und wer die Mehrheit ausmacht.

Nun liegt auch die Halbzeitbilanz zum Abstimmungsverhalten der einzelnen NationalrätInnen vor. Die Auswertung der 1194 Namensabstimmungen zeigt, wer seit den letzten Wahlen links, wer rechts stimmte, und wer das Zentrum in der gegenwärtigen Volksvertretung ausmacht.


Für grössere Grafik Bild anklicken

Auswertung der Namensabstimmung im Nationalrat in der 1. Hälfte der 48. Legislatur durch Jeitziner/Hermann.


Die Pole

Pirmin Schwander und Geri Müller sind beide Nationalräte mit Schwerpunkt Aussenpolitik. Müller, der Grüne aus dem Aargau, ist Palästina-Freund und derzeit Präsident der Aussenpolitischen Kommission, während Schwander, für die Schwyzer SVP im Parlament, Präsident der AUNS ist und den Alleingang der Schweiz propagiert. Doch auch sonst haben die beiden keine Gemeinsamkeit. Denn Müller ist der linkeste Parlamentarier in der Schweiz, Schwander der rechteste.

Die Polarisierung
Schwander ist für seine Fraktion typisch. Er markiert das vorläufige Ende einer Entwicklung, die in der SVP im Jahre 2000 einsetze und seither fast ununterbrochen nach rechts führte. Eine kleine Kurskorrektur gab es nur gerade 2004 und 2006, als man verstärkt im Bundesrat repräsentiert war. Die Abspaltung der BDP 2008 erscheint so nicht die Ursache des Rechtsrutsches, sondern die Folge.

Geri Müllers Partei, die Grünen, keinen keine so klare Entwicklung. Zwar ist das linke Dutzend im Nationalrat mit den Ausnahmen wie Christine Goll und Paul Rechsteiner ausnahmeslos bei den Grünen zu Hause. Doch gibt es innerhalb der Fraktion neuerdings auch eine Gegentendenz, denn Yvonne Gilli, Daniel Brélaz und Alec von Graffenried rückten in die Mitte. Dafür drifftet die SP-Fraktion immer mehr nach links ab. Seit diesem Jahr ist sie gar links der Grünen positioniert.

Der dritte Pol
Die Positionen der Fraktionen im Nationalrat lassen zwischenzeitlich eine klare Dreiteilung der politischen Landschaft erkennen. Das Zentrum bilden die die CVP, die BDP und die FDP. Die FDP hat sich ziemlich homogen Mitte/rechts positioniert. Die CVP streut klar breiter, bildet mit den glp- und EVP-ParlamentarierInnen zusammen, die optimale Mitte. Die BDP, so klein sie ist, tendiert sowohl in die Mitte wie nach rechts Martin Landolt und Hans Grunder liessen sich problemlos in der FDP unterbringen, während Ursula Haller, Hasnjörg Hassler und Brigitta Gadient besser zur CVP passen.

Das personelle Zentrum der Schweizer Nationalrates bilden übrigens ParlametarierInnen wie Christa Markwalder Bär, Fabio Abiate und Jean-René Germanier von der FDP, Jakob Büchler und Pius Segmüller von der CVP. Denn haben etwa gleich viele KollegInnen links und von rechts von ihnen in der gegenwärtigen Volksvertretung.

Ein- oder zweidimensional?

So klar die Auswertung auf der Links/Rechts-Achse ausfällt, so deutlich wir aber auch, dass es in den Einschätzungen der Fraktionen Divergenzen gibt, je nachdem ob man das Parteienspektrum ein- oder zweidimensional darstellt. Insgesamt gefällt mit die zweidimensionale Aufteilung besser, denn sie macht die Unterschiede zwischen CVP und FDP deutlicher. Jene ist im Zentrum, die FDP ist dafür liberaler, was sich beispielsweise in Finanz-, Wirtschafts-, Sozial- und Umweltfragen auf ein rechtes Stimmverhalten auswirkt, in anderen Bereichen wie der Aussen- oder Gesellschaftspolitik nicht findet.

Claude Longchamp