Die Bundespräsident verdient Unterstützung (Bundesratswahlen 2008/5)

Vielleicht ist Pascal Couchepin nicht die richtige Person, um der SVP den Tarif zu erklären. Denn er fordert von ihr aufzuzeigen, wie sie in der Schweiz wieder mitregieren will. Die Reaktion der SVP ist verständlich, trägt aber nichts zur Klärung der Sache bei.


Das renovierte Bundeshaus auf der Suche nach neuem Ausdruck (Foto: cal)

Das Regieren in der Konkordanz ist nicht ohne. Es ist kein Entscheid von Fall zu Fall, sondern auf Dauer angelegt. Deshalb basiert es auf Engagement für die Sache und Mässigung im Verhalten. Es soll garantieren, dass VertreterInnen von Parteien mit unterschiedlichen Position gemeinsam nach Lösungen suchen.

Die alten Eintrittsregeln
Lange war klar, was die Voraussetzungen hierfür waren. Die FDP als Staatsgründerin und ehemalige Mehrheitspartei legte fest, wie sie lauteten. Häufig mussten Oppositionsparteien als Erstes das Problem einer gemeinsamen Lösung zufügen, mit sie stark wurden. Aus der Minderheitsposition heraus konnte sie das auch erheblich kompromitieren. Das galt dann als Zähmung.

Die De- resp. Reregulierung
Von dieser Regulierung sind wir heute weit entfernt. Denn sie wurde in den letzten 20 Jahren vollständig verändert. Unter dem Ansturm der SVP wurden die Eintrittsbedingungen in den Bundesrat weitgehend dereguliert. Artithmetische Konkordanz nennt man das heute: Der WählerInnen-Anteil, allenfalls die Repräsentation in beiden Kammern und in den verschiedenen Landesteilen, berechtigt einzig, Besitzansprüche anzumelden.

Seit einiger Zeit beobachtet man eine Tendenz zur Reregulierung der Schwelle, um im Bundesrat vertreten zu sein. Die arthmetische Regel bleibt, doch wird sie immer mehr durch ethische Anforderungen ergänzt. Denn konkordantes Regieren setzt die Anerkennung grundlegender Prinzipien des politischen Systems, seineer Funktionsweisen und der sie bestimmenden politischen Kultur voraus. Respekt vor den Partnern, Akzeptierung der eigenen Minderheitsposition und Loyalität gegenüber gemeinsamen Entscheidungen werden von Mitgliedern einer Exekutive erwartet. Achtung der Institutionen, der Verfassung und internationalen Verpflichtungen durch die Regierungsparteien gehören heute ebenfalls dazu.

Den Tatbeweis einfordern
Diesen Tatbeweis erwartet man heute zurecht, wenn eine Partei aus der Opposition in die Regierung will. Es geht nicht mehr darum, in einer Sachfrage eine totale Kehrwende machen zu müssen. Doch es geht darum, vom politischen Akteur, der sich seiner Stärkung wegen frei definiert, was und wie er etwas tut, zum verantwortungsbewussten Träger eines Staates zu werden, denn man gemeinsam regiert.

Das einzufordern, ist dann die Aufgabe des Bundespräsidenten, wenn alle anderen, denen die öffentliche Sache nicht einfach egal ist, es nicht tun.

Claude Longchamp