Weil nicht sein kann, was nicht sein darf …

Nur ein bestelltes Gutachten eines ehemaligen VBS-Beamten habe die Publikation des Werkes in einem renommierten Verlag verhindert, behauptet die Judith Barben zu Beginn ihrer Buches “Spin doctors im Bundeshaus”. Manipulation durch Funktionäre, Propaganda aus dem Regeirungsviertel und Gefährdung der direkten Demokratie sind die Themen der Mitstreiterin bei der Initiative für “Volkssouveränität und gegen Behördenpropaganda”.

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Zugegeben, ich bin befangen. Denn ich komme im Buch mindestens drei Mal vor: Zum Beispiel werde ich wegen meiner Büroadresse, die gleich lautet wie die der (früheren) PR-Agentur Trimedia, zwei Stöcke über mir. Womit schon klar ist, dass auch ich meine Umtriebe in den Dienst der Manipulation stelle.

Das ist typisch für das Niveau der Buchrecherche. In weiten Teilen basiert sie auf einem Zeitungs- und Zeitschriftenarchiv, täuscht mit dem Inhaltsverzeichnis und Fussnoten aber vor, Ergebnis einer wissenschaftlich fundierten Arbeit zu sein. Geprüft, was geschrieben wird, wurde wohl nur selten, denn entscheidend war, dass die Belege ins vorfabrizierte Bild passten.

Gleich zu Beginn erfährt man, wie der Bundesrat in den letzten 20 Jahren gestärkt wurde, wie er zwischenzeitlich unter der Bundeskuppel alles bestimmt, was kommuniziert wird, wie Bund und Kanton Abstimmungsfreiheiten verletzen, und wie selbst der Bundesratssprecher Manipulation zugeben würde.

Die These dahinter lautet, dass Manipulation in der Politik Methode habe. Damit man daran nicht zweifelt, bekommt man gleich im Titel zu Kapitel 1 die Uebersetzung von spin doctors (“Meinungsmacher”) mit: “Wahrheitsverdreher”.

Belegt wird das mit amerikanischen Beispielen. Denn die PR ist die heimliche Regierung. Ihre Vorläufer sind Machiavelli, der Schurke, die Stasi, die üble, und die amerikanischen Politologen. Sie sind die schlimmsten, weil sie als soft power ganze Batallione in psychologischer Kriegsführung gegen die Menschheit ausbilden. Und damit ist die Autorin bei ihrem Lieblingsthema, der Manipulation durch Psychotechniken aller Art, die einmal eingeführt dank dem Filz von PR und Journalismus unser öffentliches und individuelles Bewusstsein bestimmen. Auch der Kleinstaat Schweiz ist davor nicht gefeit, beim Bergier-Bericht beispielsweise, oder bei der Totalrevison der Bundesverfassung oder beim Verkauf des Vaterlandes an die NATO sei manipuliert worden!

Gegen all das gibt es aus der Warte Barbens nur eins: das “personale Menschenbild”, das der Jugend vermittelt werden müsse, damit eine solide staatsbürgerliche Bildung darauf aufbauen könne und die Erkenntnisse der Manipulationsmechanismen verstanden werden. Damit das am schnellst möglichen geschieht, wurden in der Bibliografie an den entscheidenden Orten die Telefonnummern für Bestellungen der eigenen Pamphlete eingefügt.

Die Biografie der Autorin ist dem Buch schon mal ausführlich beibelegt. Sie weist sie als Lehrerin und Psychologin aus. Eine einfache Kontrolle via google zeigt, dass ihre x-fach belegten Verbindungen zur frühren Psychosekte VPM indessen systematisch ausgeklammert wurden.

Um es klar und deutlich zu sagen: All das, was Barben aufgreift, gehört beobachtet, untersucht und diskutiert. Denn es ist für das Funktionieren der Demokratie erheblich, und dieses ist in der Mediengesellschaft nicht zweifelsfrei gewährleiste. Doch anders als es die Autorin mit ihrer Verschwörungstheorie glaubhaft machen will, wird es das auch: Die Grundlagenstudie von Ulrike Röttger und anderen ForscherInnen der Universität Zürich über die PR in der Schweiz lässt Barben gleich integral mal aussen vor.

Das ist es, was die Buchlektüre so uninspirierend macht: Das Gute und das Böse sind von Anfang an klar verteilt. Das eine sieht man bei sich selber, das andere bei allen anderen. Würde das Gute die Welt regieren, wäre die eigene Initiative für “Volkssouveränität und gegen Behördenpropaganda” 2006 angenommen worden. Weil sie aber abgelehnt wurde, ist das der Beweis des Bösen. Den Dreh hat die Autorin bestens drauf.

Claude Longchamp

Judith Barben: Spin doctors im Bundeshaus. Gefährungen der direkten Demokratie durch Manipulation und Propaganda, Baden 2009
Ulrike Röttger: Public Relations in der Schweiz. Eine empirische Studie zum Berufsfeld Oeffentlichkeitsarbeit, 2003