“Grosse” resp. “kleine” Konkordanz-Ideen (Bundesratswahlen 2008/2)

Mit dem Rücktritt von Bundesrat Schmid ist – von links her – die Idee der kleinen Konkordanz erneut aufgebracht worden. Was hat es damit auf sich, wie ist der Vorschlag zu beurteilen, und was sind die Konsequenzen für die Nachfolge Schmids.

Der Vorschlag
Entstanden ist die Vorschlag der kleinen Konkordanz in der letzten Legislatur. Richtig lanciert wurde er Ende August 2007 mit dem Buch “Fahrplanwechsel“, das im Wesentlichen rot-grüne Stimmen aus Politik, Publizistik und Wissenschaft vereinte.

Die Ueberlegung dahinter besticht auf den ersten Blick: Die Regierungszusammensetzung wird im politischen Spektrum auf jene Kräfte verringert, die sich grundsätzlich zur Zusammenarbeit verpflichten. Aktuell sind das wohl die CVP, die FDP, die BDP und die SP.

In Sachfragen besteht zwar keine regelmässige Einigkeit, in den wesentlichen Dossiers wie etwa der EU-Frage ist man sich aber sehr nahe, sodass die Homogenität eine solchen Regierung auf Personen- und Parteienebene erhöht werden könnte. Ihre Handlungsfähigkeit könnte damit gestärkt werden, was der Verteidigung zentraler Werte, Rechte und Institutionen gegen die Opposition dienlich wäre.

Seine Schwächen
Der Nachteil dieser Variante ist offensichtlich: Ohne die SVP würden zwischen 25 bis 30 Prozent der rechten, nationalkonservativen WählerInnen von der Regierung ausgeschlossen sein. Käme inskünftig eine Variante mit SVP, aber ohne SP zustanden, wären mit den Grünen eher mehr Wählende auf der linke, rotgrünen Seite ausgeschlossen.

Angesichts dieser Schwäche des Konzept, die auf den zweiten Blick nicht zu verkennen ist, kann man sich fragen, ob eine solche Regierung überhaupt noch konkordant wäre, oder ob es nicht besser wäre gleich zum einem Koalitionsmodell überzugehen.

Zu diesem scheint die Schweizer Politik aber nicht reif zu sein. Die republikanischen Mehrheit, von der die Fahrplanwechsler im Jahre 2007 träumten, hat sich nicht entwickelt. Ihr sichtbarstes Ergebnis ist die Abwahl von Christoph Blocher aus dem Bundesrat geblieben. Was als Negativ-Allianz in Personenfragen funktionierte, ist nicht zur Positiv-Allianz in Sachfragen geworden. Das hat viel damit zu tun, dass die SP einen bindenden Koaltionsvertrag scheut, und die Spielmöglichkeiten der FDP zur Mehrheitsbeschaffung unter generellem Ausschluss der SVP verringert werden.

Nachfolge Schmid: Vorentscheid über Zukunft der Konkordanz
Vor diesem Hintergrund gilt es auch die parteipolitische Herkunft des oder der NachfolgerIn von Samuel Schmid zu beurteilen: Die Wahl eines CVP-Vertreters wäre wohl das Ende der grossen Konkordanz und würde den Uebergang zu einem Regierungs- und Oppositionssystem mit Koalition nötig zu machen, um mittelfristig kohärent regieren zu können.

Wenn man umgekehrt eine SVP-Vetretung berücksichtigt, wäre das, ebenso mittelfristig ein erster Schritt zur konkordanten Zusammensetzung des Bundesrates, die sich mehr oder minder stark an der Stärke der Parteien unter Wählenden und im Parlament zu reichten hätte. Das könnte für die BDP und Eveline Widmer-Schlumpf eng werden, je nach Ausgang der nächsten Parlamentswahlen allenfalls auch für die FDP/LP.

Claude Longchamp