Plakate für und gegen Minarette

Noch ist die Volksabstimmung vom 27. September 2009 in der Schweiz nicht vorbei. Und schon kündigt sich der Abstimmungskampf zur stark umstrittenen Minarett-Initiative an, über die die Stimmberechtigten in der Schweiz am 29. November 2009 entscheiden.

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Am Sonntag hatte der “Blick” seinen Primeur. Er stellte das Ja-Plakatt zur Minarett-Initiative vor, über die am 29. November 2009 abgestimmt wird. Es folgt der ebenso klaren wie simplen Logik der Initianten aus Kreisen der SVP, der EDU und der Lega. Die Schweiz wird mit islamischen Gotteshäusern überbaut, die alle von riesigen Minaretten überstrahlt werden. Doch die sind nicht einfache Kirchtürme, vielmehr sind sie eine bedrohlich schwarze Kampfansage. Deshalb sehen sie auf dem Plakat wie Raketen aus, welche das christliche Abendland bedrohen. Die stark verschleierte Frau im Vordergrund erinnert uns daran: Wer schon möchte bei uns zurück ins hohe Mittelalter? Schlimm genug, dass diese Kultur im Iran die Oberhand hat.

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Dem setzt nun Frank Bodin, in der Schweiz zum Werber des Jahrees 2009 gewählt, seine Sicht der Dinge gegenüber. Für die Gesellschaft “Minderheiten in der Schweiz” hat er das Nein-Plakat entworfen, das heute erstmals in “20 Minuten” vorgestellt wurde. “Der Himmel über den Schweiz ist weit genug”, ist hier die zentrale Botschaft. Sie firmiert über dem dezenten Blau des Schweizer Himmels, der allerdings durch Wolken leicht bedeckt ist. Das, suggeriert jedenfalls das Plakat, soll uns nicht beirren, vor allem nicht die Relgionsfreiheit und den Religionsfrieden trüben. Denn der funktioniert in der Schweiz mit und gerade wegen Minaretten. Symbolisch erscheinen sie deshalb zwischen den Turmspitzen des katholischen Klosters Einsiedeln und des protestantischen Grossmünsters in Zürich bereits eingemittet.

Eines wird aus beidem klar: Der Abstimmungskampf zur Minarett-Initiative ist lanciert. Die Wortführer beider Seiten sind bestrebt, die mediale Lufthoheit erobern. Hierfür kündigen sie polarisierenden Kampangen an, die mit klaren Bildsprachen Propaganda betreiben werden. Ein wenig schon kommt eine Stimmung auf wie nach dem 11. September 2001, als der Attacke aus der Luft die Zwillingstürme der WTO in New York zum einstürzen brachte. Das soll sich nicht wiederholen, folgern die einen; den Krieg der Kulturen, den die abgewählten Republikaner im Irak angezettelt haben, auch nicht, erwidern die andern.

Claude Longchamp