Erstanalyse des Wahlergebnisses bei den Bundesratswahlen

Die Wahl ist vorbei. Didier Burkhalter ist der neue Bundesrat. Die “FDP.Die Liberalen” behalten ihren zweiten Sitz in der Bundesregierung. Gestärkt worden ist die arithmetische Konkordanz bei Bundesratswahlen aufgrund der WählerInnen-Anteile.

Wahrscheinlichste Verteiliung der Stimmen im 4. Wahlgang bei den BR-Wahlen vom 16. September 2009
brw

Im alles entscheidenden vierten Wahlgang machte Didier Burkhalter 129 der 240 gültigen Stimmen. Sein Herausforderer, der CVP-Ständerat Urs Schwaller vereinigte 106 ParlamentarierInnen hinter sich. 5 Stimmen waren leer, 1 ungültig.

Natürlich ist die Bundesratswahl in der Schweiz geheim, sodass man das letztlich nie wissen wird. Immerhin, im Vorfeld der Wahlen wurde recht offen über Präferenzen gesprochen. Zudem ergab sich beim Ergebnis, bei der Schlusspaarung und beim Verlauf in etwa das, was man als Hauptszenario erwarten konnte und sich vor allem gestern Abend nach den Erklärungen der Fraktionen abzeichnete.

Demnach erscheinen die folgenden Verhältnisse plausibel. Didier Burkhalter machte im entscheidenden Umgang wohl alle 47 Stimmen seiner Fraktion. Er wurde von einer Ueberzahl der SVP- resp. BDP-VertreterInnen gewählt. Zirka 60 resp. ungefähr 4 dürften es aus diesen Fraktionen gewesen sein. Das macht dann 111 Stimmen, sodass der gewählte FDP-Kandidat wohl etwa 18 Stimmen von der SP resp. den Grünen bekommen hat. Das entspricht einem Viertel der beiden Fraktionen.

Theoretisch hätte Urs Schwaller auf 125 Stimmen kommen können, hätten alle aus seiner Fraktionen, aber auch von der SP und den Grünen für ihn votiert. Zudem wären noch 2 Stimmen aus der BDP denkbar gewesen. Schliesslich lauteten 106 gültige Wahlzettel auf seinen Namen. Das spricht dafür, dass er 21 der möglichen Stimmen nicht gemacht hat. Die meisten linken Stimmen davon dürften an Burkhalter gegegangen sein, einzelne können sich auch unter den Ungültigen befinden.

Gestimmt wurde damit in erster Linie nach parteipolitischen Ueberlegungen. Doch reicht diese Hypothese nicht, um alles zu erklären. Denn sonst hätte Urs Schwaller gewinnen müssen. Demnach machte die Sprachenfrage, die zweite relevante Hypothese zur Erklärung des Wahlverhaltens die Differenz Sie verhindert eine einheitliche Sammlung hinter Schwaller, dem man attestierte, die Romandie vorübergehend vertreten zu können, selber aber kein Romand zu sein. Das die Linke schliesslich teilweise gespalten agierte, hat wohl auch damit zu tun, dass die nächsten oder übernächsten Bundesratswahlen ihren Schatten warfen.

Die Konkordanz, wie sie im Halbrund des Parlamentes diesmal von rechts her definiert worden ist, hat sich durchgesetzt. Die Parteistärken sind das Kriterium, das über Ansprüche entscheidet. Respektiert wurden diesmal auch die Nominationen der Parteien, wobei das durchaus risikoreichere Angebot mit zwei KandidatInnen mindestens für Parteien nahe dem Zentrum von Vorteil sein kann, weil es der Dynamik von Bundesratswahlen in der Schweiz besser Rechnung trägt als eindeutige Vorgaben einer Fraktion.

Claude Longchamp