Berner Lehrstuhl für Schweizer Politik: von Wolf Linder zu Adrian Vatter

So viele PolitologInnen sieht man in Bern nicht immer vereint. Denn alles was in Lehre, Forschung und Praxis des Faches in der Hauptstadt und einiges darüber hinaus Rang und Namen hat, versammelte sich, um Wolf Linder zum 65. Geburtstag zu gratulieren und ihn als Professor zu verabschieden.

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Generationenwechseln auf dem Lehrstuhl für Schweizer Politik: Adrian Vatter, neue Professor in Bern, übergibt Wolf Linder die Festschrift für dessen 65. Geburtstag

“Demokratie als Leidenschaft” heisst die 500seitige Festschrift, die heute Linder zu Ehren präsentiert wurde. Co-Herausgeber Adrian Vatter würdigte seine akadmischen Lehrer mit der Metapher von Nobert Elias, der das Handeln von SozialwissenschafterInnen zwischen Engagement für und Distanz zum Gegenstand beschrieb. Auf Wolf Linder angewandt bedeutet dies, dass der frühere Kantons- und Bankrat aus dem Thurgau der praktischen Politik als Professor immer mehr aus dem Weg ging, auch wenn er sich als Zeitgenosse nicht scheute, mit bemerkenswerten Zeitungsinterviews ins aktuelle Geschehen einzugreifen, wenn er es für nötig hielt.

Wolf Linders Engagment für das Wachstum der Politologie in Bern blieb heute unbestritten. Aus einem einzigen, fakultätsübergreifenden Ordinariat für Schweizer Politik bei seinem Stellenantritt am 1. August 1987 sind zwischenzeitlich drei politikwissenschaftliche Lehrstühle geworden, und es sind zwei Assistenzprofessuren für die Nachwuchsförderung hinzu gekommen. Dennoch war in den Gesprächen wegen wiederkehrenden personellen Zwistigkeiten eine gewisse Distanz nicht zu überhören.

In der Festschrift spekuliert Dieter Freiburghaus, dass diese Widersprüchlichkeit schon im Namen des Jubilars angelegt sein könnte. Denn der Wolf ist der Harte, der unerbitterlich zubeissen kann, selbst wenn lind sanft heisst und linder eigentlich die Steigerungsform ist. Adrian Vatter, der dies in seiner gefitzten Laudatio für den Geehrten zitierte, ernete an dieser Stelle viel Lachen.

Der 1. August 2009 bietet so auch Gelegenheit für einen Neuanfang. Denn an diesem Tag übernimmt Adrian Vatter nach Professuren in Konstanz und Zürich als Berufener den Berner Lehrstuhl für Schweizer Politik, womit sich der Politikwissenschaft in der Schweizer Hauptstadt erneut eine grosse Chance eröffnet!

Claude Longchamp