Umfragen helfen bei dieser Bundesratswahl (vorerst) nicht viel weiter

Gleich zwei Umfragen von Isopublic erschienen am Sonntag zu den Bundesratswahlen vom 16. September 2009. Die Vielfalt der Ergebnisse macht die Auslegeordnung jedoch nicht einfacher.

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Wer tritt sein Nachfolge im Bundeshaus an? BürgerInnen-Befragung schon kurz nach dem Rücktritt von Pascal Couchepin lassen Vieles offen.

Aktuelle Parteistärken
Die Sonntagszeitung und Isopublic publizierten gestern ihr vierteljährlich erscheinendes “Politbarometer” mit jeweils 1200 repräsentativ ausgewählten Befragten. Demnach sind 23,1 Prozent für die SV, 21,2 Prozent für die SP. Die fusionierten FDP und Liberalen kommen gemeinsam auf 15,7 Prozent, und die CVP liegt bei 14,4 Prozent. Grösste Nicht-Regierungspartei sind die Grünen mit 9,7 Prozent, einiges vor der kleinsten Regierungspartei, der BDP, die es auf 4,5 Prozent bringt, und der GLP mit 3,3 Prozent.

Seit den Wahlen 2007 ist die BDP neu entstanden und es wären die GLP sowie die SP wachsend, während namentlich die SVP Anteile verloren hätte. Der wesentliche Austausch fände damit im bürgerlichen Lager statt, weil sich mit der BDP das Angebot erweitert hat. Die Reihenfolge der Parteistärken bleibt aber gegenüber 2007 unverändert. Die FDP ist vor der CVP.

Popularität der BundesrätInnen

Gut in der BürgerInnen-Gunst schneiden die drei Frauen im Bundesrat ab. Top gesetzt werden Doris Leuthard (72% positive Antworten), Eveline Widmer-Schlumpf (70%) und Micheline Calmy-Rey (63%). Es folgen Hans-Rudolf Merz (59%), Ueli Maurer (57%) und Moritz Leuenberger (56%) praktisch gleich auf. Eindeutig an letzter Stelle ist der zurückgetretene Pascal Couchepin (33%).

Die beiden FDP-Bundesräte sind die grossen Verlierer in der Bundesratsumfrage. Sie haben 19 Prozentpunkte (Merz) resp. 13 (Couchepin) eingebüsst. Die neue Politik des Bankgeheimnisses und ihre Kommunikation können hier als wichtigste Ursache vermutet werden. Die Exponenten der FDP hart’s jüngst hart getroffen. Aber auch die anderen Regierungsmitglieder verlieren 4-6 Prozentpunkte an Unterstützung, was eher mit der Wirtschaftslage in Verbindung gebracht werden kann. Einzige Ausnahme ist Ueli Maurer, der erst vor einem halben Jahr gewählt wurde, und noch im Aufstieg ist.

Profil des künftigen Mitglieds im Bundesrat

Eine zweite Umfrage, spezifisch zu den Bundesratswahlen, von Isopublic auf der Basis von 600 Befragten gemacht und von Le Matin veröffentlicht, lässt gewisse Schlüsse zum Profil der BundesratsbewerberInnen zu. Demnach wird die Sprachenfragen nicht so polarisiert betrachtet (46% nicht zwingend, 42% zwingend aus der Romandie), wie das unter französisch- oder italienischsprachigen PolitikerInnen erscheint. Dafür rangiert das Geschlechtskriterium in der Bevölkerung höhrer als in der Politik (42% eher eine Frau, 22% eher ein Mann). Parteipolitisch tendiert man leicht hin zum Statuo Quo mit einer Zweiervertretung der FDP (23%), während CVP, SVP und Grüne mit einigem Abstand dahinter folgen.

Meine vorläufige Bilanz

Parteistärken und Ersatzpräferenzen sprechen eher für die FDP. Sprachenfrage und Geschlecht werden als etwa gleich wichtig bewertet. Weder FDP noch CVP können damit viel anfangen, denn ihre Favoriten haben alle mindestens einen Makel.

So bleibt: Bundesratswahlen werden in der Bundesversammlung entschieden. Keine Partei verfügt da über eine gesicherte Mehrheit für einen gesicherten Favoriten, weshalb erst die Allianzbildung unter den Fraktionen Klarheit verschaffen wird. Und das kann noch eine Weile dauern.

Claude Longchamp