Ralf Dahrendorf ist der Altmeister der Gegenwartsanalyse. Letzte Woche las ich von ihm unter dem Titel “Die Revolution bleibt aus!” eine Kolumne, die mir angesichts der ersten Ergebnisse zur Wahl ins Europäische Parlament unweigerlich wieder in den Sinn kommt.
Ralph Dahrendorf, vormals EU-Kommissar, Soziologe, analysierte letzte Woche die Stimmungslage in Europa treffend
Die Grundstimmung beschrieb der liberal eingestellte, in der Oeffentlichkeit sehr präsente Soziologe so: Die Welt wird durch die Wirtschaftskrise geschüttelt. Doch steckt sie nicht in einer revolutionären Situation. Es gibt keine Energie der Veränderung. Denn es überwiegt die Ratlosigkeit. Sie ist gepaart mit Angst. Und diese verbindet sich mit Zorn.
Diese Mischung, sagt der Professor für sozialen und politische Theorie, kann jederzeit explodieren, wo auch immer. Das soll aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die realen Aussichten für die meisten BürgerInnen nicht rosig sind. Und das nicht nur für den Moment.
Dahrendorf, vormals EU-Kommissar für Deutschland, verglich in der Kolumne die jetzige Stimmungslage mit der der 30er Jahren des 20. Jahrhunderts Mustergültig erarbeitet worden seien die Reaktionsweisen der Arbeiterschaft nicht durch Karl Marx, sondern durch Marie Jahoda. Wer galubte, es folge die Zeit des Aufbruchs, liege falasch. Denn damals wie heute überwog und überwiegt die Resignation. Und die ist keine politisch gestaltende Kraft. Maximal eine der Abrechnung.
Die Resultate zur Wahlbeteiligung, mit 43 Prozent ein historischer Tiefstwert (und gar noch tiefer als bei schweizerischen Parlamentswahlen!), aber auch die Ausschläge bei den Parteien lassen kaum einen anderen Schluss zu.
Claude Longchamp
Wieso sollte man als Wähler einem Parlament, das nur dem Namen nach eines ist, demokratische Legitimation verschaffen? Wieso sollte man überhaupt einem einzigen korrupten Politiker eine Stimme geben?
[…] – und fand sie spontan bei Ralf Dahrendorf. “Resignation, Angst und Wut” hiess bei Blogbeitrag, der geschrieben war, bevor das Endresultat feststand, um einen Pfad auszulegen, wie die grösste […]
THEOLOGISCHE DEBATTEN DES MITTELALTERS
“Ich glaube – und hoffe – auch, dass Politik und Wirtschaft in der Zukunft nicht mehr so wichtig sein werden wie in der Vergangenheit. Die Zeit wird kommen, wo die Mehrzahl unserer gegenwärtigen Kontroversen auf diesen Gebieten uns ebenso trivial oder bedeutungslos vorkommen werden wie die theologischen Debatten, an welche die besten Köpfe des Mittelalters ihre Kräfte verschwendeten. Politik und Wirtschaft befassen sich mit Macht und Wohlstand, und weder dem einen noch dem anderen sollte das Hauptinteresse oder gar das ausschließliche Interesse erwachsener, reifer Menschen gelten.”
Sir Arthur Charles Clarke (1917 – 2008)
Die Religion, die schon immer die Aufgabe hatte, die Fehler der Makroökonomie aus dem Bewusstsein des arbeitenden Volkes auszublenden, war solange notwendig und sinnvoll, wie niemand diese Fehler zu beheben wusste, die zwangsläufig zu systemischer Ungerechtigkeit und damit zu Massenarmut und Krieg führen. Ohne die selektive geistige Blindheit, die uns “wahnsinnig genug” für die Benutzung von Zinsgeld machte, und die noch heute die Menschheit in Herrscher (Zinsprofiteure) und Beherrschte (Zinsverlierer) unterteilt, wäre unsere Zivilisation nie entstanden.
Erst der Prophet Jesus von Nazareth erkannte, wie die Makroökonomie zu gestalten ist, damit niemand einen unverdienten Gewinn auf Kosten der Mehrarbeit anderer (Frucht vom Baum der Erkenntnis) erzielen kann. Doch mit dem Cargo-Kult des Katholizismus mutierte die seit Jesus eigentlich überflüssige Religion vom Wahnsinn mit Methode zum Wahnsinn ohne Methode: weitere 1600 Jahre Massenarmut und Krieg, seit der Vernichtung der Gnosis (Kenntnis) im vierten Jahrhundert.
Die “heilige katholische Kirche” degradierte das Genie zum moralisierenden Wanderprediger und projizierte das von Jesus vorhergesagte “Königreich des Vaters” (Freiwirtschaft, Vater der Kultur = Kreditangebot), in dem die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beendet ist, auf ein hypothetisches “Himmelreich” der Toten, nur um selbst eine “Moral” verkaufen zu können, die in der idealen Makroökonomie so sinnlos ist wie eine Taschenlampe bei Sonnenschein.
Der religiöse Wahnsinn beließ die Menschheit in der systemischen Ungerechtigkeit des Privatkapitalismus (Erbsünde) und ließ so dem ersten Weltkrieg noch einen zweiten folgen, obwohl der Sozialphilosoph Silvio Gesell bereits 1916, unabhängig von der Heiligen Schrift und erstmals auf wissenschaftlicher Grundlage, genau das wieder beschrieb, was der geniale Prophet Jesus von Nazareth als erster Denker in der bekannten Geschichte als Wahrheit erkannt hatte: absolute Gerechtigkeit durch absolute Marktgerechtigkeit.
Heute (2009) sind wir an genau dem Punkt angekommen, den die israelitische Priesterschaft schon vor 2600 Jahren vorhergesehen hatte: Wir stehen unmittelbar vor der globalen Liquiditätsfalle (Armageddon), der totalen Selbstvernichtung, denn der Krieg (umfassende Sachkapitalzerstörung) konnte nur solange der Vater aller Dinge sein, wie es noch keine Atomwaffen gab! Doch ein Atomkrieg ist gar nicht erforderlich, um unsere ganze “moderne Zivilisation” auszulöschen; es reicht schon aus, wenn wir weiterhin an den “lieben Gott” (künstlicher Archetyp: Jahwe = Investor) glauben und Zinsgeld (Geld mit parasitärer Wertaufbewahrungsfunktion) verwenden.
Ich wünsche dem einstigen Land der Dichter und Denker Viel Erfolg bei der Auferstehung noch vor dem jüngsten Tag (1. Januar 2010).