Die öffentliche Kontroverse über Wirtschaftsethik, die von Ulrich Thielemann an der Universität St. Gallen entfacht wurde, geht weiter. Es schaltet sich via Weltwoche auch das Liberale Institut aus Zürich ein und verteidigt die Ethik des freien Marktes.
Pierre Bessard, Direktor des Zürcher Liberalen Instituts, sieht im freien Markt den besten Garanten für ethisches Handeln.
Mit Verve vertritt Pierre Bessard, neuer Direktor des Liberalen Instituts wortreich die These, der freie Markt sei die umfassendste moralische Institution des Menschen überhaupt. Denn nur der freie Markt respektiere die individuelle Eigentumsrechten, weil hier in jeder nur mit seinem Wissen, seinem Geld, kurz: mit seinen Produktionsfaktoren handeln könne.
Die unversale Ethik des Marktes setze sich, fährt Bessard fort, immer und überall durch, – selbst wenn sie unterdrückt werde. Deshalb entstünden mit dem freien Markt überall Werte wie Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Friedfertigkeit, Gerechtigkeit – und Effizienz.
Bessard hält den Markt für die grösst möglich denkbare menschliche Gemeinschaft überhaupt, verbunden durch das Netzwerk des Tasuches. Die Wahlfreiheit der Konsumenten sei es, welche den Anbieter diszipliniere. Wer unehrlich oder rücksichtslos tausche, setze sein Vermögen aufs Spiel.
Mit der Ausbreitung des Marktes, folgert der liberale Vordenker, zivilisiere auch die Welt. Der Wettbewerb löse den Kampf ab. Deshalb bringe der freie Handel auch Frieden, im Binnenmarkt, wie auch international.
“Gäbe es einen Freidensnobelpreis für Ordnungen und Institutionen, keine hätte ihn so sehr verdient wie der freie Markt”, empfiehlt sich Pierre Bessard als Verkünder der Wahrheit selber. Denn er unterlässt es nicht, gegen die Universitäten zu polemisieren, denen nicht nur ein fundiertes Verständnis des freien Marktes abhanden gehe. Man sei an Schweizer Hochschilen auch versucht, sich gerade mit Wirtschaftethik dem grössten Produzenten von Ethik, dem Markt an sich, zu entziehen.
Ohne Zweifel, klare Worte, mit klaren Absichten, die nicht nur gehört, sondern auch kommentiert werden dürften.
Claude Longchamp
Kleines Gedankenexperiment erlaubt? – Wenn der sog. freie Markt zum ausgewogenen harmonischen Tausch – an sich – führt, wie hier unterstellt wird, warum braucht es dann die Werbung. Der Konsummarkt funktioniert doch nur, weil man mit Werbung Scheinwelten produziert, die mit den Produkten zu tun haben, aber gerne gekauft werden, ohne dass das Produkt selber ein Bedürfnis wirklich befriedigen würde.
…und all die kleinen Probleme, die eventuell unterwegs entstanden sind, wobei die aktuelle Wirtschaftskrise nur gerade das aktuellste und prominenteste ist, sind auf einen zu wenig (!) freien Markt und Politikversagen zurückzuführen… Oder? Hübsche Argumentation, da sie nie komplett durch empirische Erfahrungen wiederlegt werden kann…
Er scheint das aber tatsächlich erst zu meinen.
Unglaublich, unerhört!
Der Verfasser tut so, als hätte es vor einem halben Jahr keinen fundamentalen Bruch gegen, als wäre keine Unterstützung für die UBS nötig gewesen, als hätte keine Boni-Debatte die Schweizer aufgeregt, und als wäre die weltweite Diskussion über Steueroasen inexistent.
Mit jedenfalls ist hängen beblieben, dass wir 60 Milliarden Volksvermögen in die bankrotte UBS pumpen mussten, weil der Markt angesichts der Spekulation versagt hat!
Der Markt ist gerecht. Nehmen wie die Luft. Es muss ein Luftmarkt geben. In der Migros könnte man Luft kaufen. Aber warum gibt es das nicht? Der Markt versagt! Wenn Luft im Migros gekauft werden könnte (so in farbigen Plastiksäcken), wäre das ganze viel effizienter.
Roland Wagner
Luft AG