Vorsicht gegenüber Titeln

Ich schätze wissenschaftliche Berichte mit einem klaren Titel. Klar heisst für mich aber nicht wunsch-, sondern sachgemäss.

Wenn WissenschafterInnen und JournalistInnen über Titel zu einem Report sprechen, ist das nicht immer unproblematisch. Die Kunst der Zuspitzung ist die Sache der Medien; nach ihren ungeschriebenen eigenen Gesetzen dürfen sie dabei auch übers Ziel hinaus schiessen. Der Titel darf suggerieren, das Erhoffte für möglich erscheinen lassen, das Erwartetbare in ein klares Bild bringen.

Viele WissenschafterInnen können damit nichts anfangen. Denn sie sind sich lange, stelzerne, wortlastige Titel gewöhnt. Aritkel in Wissenschaftspublikation tragen die merkwürdigsten Titel. Immerhin haben sie einen Vorteil: Sie sind sachorientiert, geben das Thema verkürzt, aber korrekt wieder, selbst wenn dabei nichts Memorierbares resultiert.

Ich habe da eine Zwischenposition. Fragen in Titeln zu Tatsachen-Berichten an die Oeffentlichkeit sind bei mir verpönt. Ich ziehe positiv formulierte Aussagen, die das Hauptergebnis widerspiegeln, vor. Sie sollen einfach und gut verständlich sein. Aber sie müssen den Inhalt korrekt wiedergeben, kein X für ein Y vormacht. Und: Sie dürfen nicht voreingenommen sein!

Beim letzten Bericht zur SRG-Repräsentativbefragung vor den Eidg. Volksabstimmungen vom 17. Mai 2009 einigten wir uns – nach kurzem hin und her – auf “Neue Biometrische Pässe umstritten – Breite Sympathie vor Komplementärmedizin”. Das war vorsichtig und korrekt.

Der zweite Teile wurde bei den Publikationen in- und ausserhalb der SRG weitgehend übernommen. Klar, gerichtet, erwartbar, dürften die Gründe für den erfolgreiche transport gewesen sein. Beim ersten happerte es mir der Veröffentlichung, denn fast schon zwangshaft scheint der Druck zu sein, eine Aussage in die eine oder andere Richtung zu machen. Der “Bund”, in der Berichterstattung zu den Biometrischen Pässe dafür, etwa schrieb “Ja zu den Biometrischen Pässen”. Die Berner Zeitung, mit einer gewissen Affinität zur SVP, formulierte: “Viele Nein Stimmen zu den neuen Pässen”.

Die Liste liesse sich fast beliebig verlängern. Denn nicht nur politische Optiken beeinflussen die Titelei. Auch die sprachregionalen Kultur sind hier ein Thema.

Obwohl es immer um den gleichen Bericht geht!

Claude Longchamp