Das ist starker Tabak: Pro Natura bestellte zum 100. Geburtstag der eigenen Organisation einen Zukunftsschau beim Gottlieb-Duttweiler-Institut. Die Antwort, die sie erhalten, stellt ihr und den andern Umweltorgnisationen in Aussicht, den 120. Geburtstag mangels Anwesender nicht mehr gemeinsam feiern zu können.
“Erfolgsgeschichte als Briefmarke”, von dieser Bilanz der Tätigkeit der Pro Natura will der Zukunftsberich des GDI-Insituts nichts wissen.
Die These der Zukunftsforscher lautet: Natur gewinnt an Bedeutung, was die Oekonomie auf dem Plan rufen wird. Das Geschäft mit der Natur wird florieren, – und Freiwilligen-Organisationen wie die Umweltverände obsolet machen.
Der Bericht schlägt vier Möglichkeiten vor, wie die Umweltverbände diese Unausweichlichkeit begegnen können:
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Szenario “Restpostennaturschützer”: Einsatz für die Nischen, welche die Wirtschaft nicht interessieren.
Szenario “Naturinszenierungsüberwachungsverein”: Zertifikzierung der Angebote der Wirtschaft
Szenario “Naturpark Schweiz”: Umwandlung der Schweiz in eine grosses Reservat
Szenario “Interdisziplinärer Think Tank”: Verbände als Forschungsförderer zum Verhältnis von Mensch und Natur.
Die 100’000 Mitglieder von Pro Natura, welche die Studie finanziert hat, sind aufgerufen, sich der Herausforderung zu stellen. Mit Sicherheit eine nötig Diskussion unter allen Umweltverbänden, aber auch eine, die nicht bei der provokativ formulierten ökonomischen Finalität politischer Entwicklungen stehen bleiben sollte.
Der Startschuss ist heute abend in Bern, wo der Bericht um 18 Uhr im Hotel Bern an einem Podium öffentlich diskuktiert wird.
Claude Longchamp
Ein Stimmungsbericht zur Podiumsdiskussion hierzu findet sich hier.
Dass die Wirtschaft in Zukunft alle Vorgaben der Naturverbände “automatisch” erfüllen werde, hört sich fast an, als glaube da jemand wieder an den St. Nikolaus.
[…] auswahl der ergebnisse zur zukunft des naturschutzes in der schweiz war am morgen schon in der presse zu lesen gewesen. am […]
Die Feststellung, dass die Natur an Bedeutung gewinnt, einen Wert erhält und so das Interesse der Ökonomen wekt, ist an sich nicht negativ. Allerdings rüttelt sie am Selbstverständnis gewisser Umweltschützer, welche die Umwelt (vorwiegend auf freiwilliger Basis) gegen die böser Wirtschaft schützen wollen. Ich hoffe und gehe eigentlich davon aus, dass wir dieses urtümliche Stadium der Umweltdiskussion längst verlassen haben. Ober der Bericht des GDI dazu einen Beitrag zu leisten vermag, kann ich mangels genügender Kenntnisse desselben nicht beurteilen. Aus den geschilderten Reaktionen der Anwesenden geht für mich auch nicht schlüssig hervor, ob diese immer noch im urtümlichem Stadium verhangen sind. Die gelassene Reaktion von Otto Sieber lässt allerdings hoffen.
Das Ziel der Wirtschaft ist immer, Gewinn zu machen – und nicht die Umwelt zu schützen. Im Marktverdrängungskampf eröffnet man gerne schon mal ein neues Segment, jenes der “grünen” Produkte und Dienstleistungen, schliesslich besteht ja auch eine entsprechende Nachfrage.
In diesem Marktverdrängungskampf werden aber auch andere Segmente eröffnet wie z. B. jenes der Billigst-Produkte bei den Grossverteilern: Prix Garantie, M-Budget usw. Hier stellt keiner die Frage nach der Nachhaltigkeit. Coop und Migros, zwei grosse Markt-Player, wenden hier eine etwas doppelzüngige Strategie an. Sie tun dies allerdings wohl auch nur deshalb, weil Discounter auf den Markt drängen, die sich um die Nachhaltigkeit erst recht foutieren. Mit anderen Worten: Wenn es um Marktanteile geht, spielen “grüne Werte” keine Rolle mehr – egal um welche Branche es sich handelt.
Im 10-vor-10 vom 27.03.2009 kam ein Bericht über Bio-Treibstoffe. Diese sind zurzeit wieder teurer als normales Benzin. Die Folge: Kleinere Nachfrage sowohl bei den Treibstoffen wie bei der Umrüstung der Fahrzeuge auf Bio-Treibstoffe. Demzufolge spielt ebenfalls eine Rolle, was die grünen Produkte und Dienstleistungen den Konsumenten schliesslich kosten.
Wenn wir in den nächsten 20 Jahren in Saus und Braus leben, dann dürften die Umweltorganisationen tatsächlich obsolet geworden sein, weil man sich nachhaltigere Produktionsweisen/Herstellungsprozesse auch leisten kann. Doch das dürfte wenig wahrscheinlich sein. Schliesslich müsste auch seitens Politik der entsprechende Wille da sein…