Kantonale Wahlergebnisse: Vorsicht aus verschiedenen Gründen angebracht

Wahlergebnisse in den Kantonen sind gar nicht so einfach zu erhalten. Denn die Resultateermittlung beschränkt sich weitgehend auf die Sitze, kaum auf die Prozentwerte. Hinzu kommen unterschiedliche Praxen und Rechnenfehler, was die Aufgabe zusätzlich erschwert.

svp
Beispielhafte Uebersicht über die jüngsten kantonalen Wahlergebnisse, wie sie das BfS veröffentlicht.

Exemplarische Probleme
Das Staunen im Aargau war letzte Woche grosse. “Die bisherigen Wahlergebnisse im sind Aargau falsch berechnet worden», diktierte Wahlanalytiker Stephan Müller der “Mittellandzeitung” ins Notizbuch. Berechnet hatte man die Stimmenstärke der Parteien, ausgewiesen wurden aber die WählerInnen-Stärken.

Da die Zahl der Stimmen, die man im Proprozwahlrecht mit Panaschiermöglichkeiten abgibt, von der Zahl der Sitze in einem Wahlkreis abhängen, haben Wählende in grossen Wahlkreise mehr Stimmen als Wählende in kleinen. Prozentuiert man auf der Basis der Stimmen, verzerrt dies das Ergebnis gunsten der Parteien der Wahlkreise mit vielen Sitzen.

Das Problem ist im Aargau erkannt und wir berichtigt. Wegen der Aenderung des Wahlrechts und der Verteilung nach dem “doppelten Pukelsheimer” sind die Prozentwert sowieso nur bedingt vergleichbar. Da die kleinen Parteien im neuen Schlüssel grössere Chancen haben, zu Sitzen zu kommen, kann auch angenommen werden, dass sie auch mehr WählerInnen-Stimmen erhalten. Denn die Chancen, dass eine Stimme für kleine Parteien zu gar keinem Sitz führen, war diesmal deutlich geringer als noch vor vier Jahren.

Die WählerInnen-Verschiebungen im Aargau
Ueberblickt man die Veränderungen in den aktuellen Parteistärken, haben SP (-3.9%), FDP (-2.6%) und CVP (-2.5%) am meisten verloren. Real sind auch die Verluste der EVP (-1.2%).
Der Sitzverlust der SVP geht dagegen auf den Wechsel im Wahlrecht zurück, denn die Partei, die ein Mandat weniger hat, gewann 1,6 Prozent der Wählenden hinzu.
Grosse Gewinnerin im Aargau ist die Grünliberale Partei (+3.5%), gefolgt von der BDP (3.1%). Beide bewarben sich erstmals für Sitze im Grossen Rat. Gewonnen haben aber auch die Grünen (+2.2%), die EDU (+1.1%), während die SD wählerInnen-mässig praktisch stabil blieb (+0.1%).

Unter dem Strich kann man das vorerst wie folgt interpretieren: Die Rechte (SVP, EDU) und die Linke (Grüne) legen zu, das rechte und linke Zentrum kennen neue Angebote (GLP, BDP), was die Situation der Regierungsparteien im Zentrum und links davon erschwert. Die Einflüsse aus der Wirtschaftlage sind gering, stärker noch gleicht die Entwicklung jener bei den letzten Nationalratswahlen.

Die raschen und zuverlässigen Informationsquellen

Die mehrfachen Schwierigkeiten mit Wahlergebnissen in Kantonen, die man gegenwärtig kennt, kann man letztlich nur dank Datenbanken ausgleichen, die aktuell sind und die Ergebnisse von Proporzwahlen nach vergleichbarem Muster berechnet werden. Dazu gehören die Uebersicht des BfS und das Parteienbarometer des Forschungsinstituts gfs.bern.

Claude Longchamp