Was man zum Ausgang der Abstimmungen vom 13. Februar 2022 jetzt schon weiss

Nein zur Volksinitiative zum Versuchsverbot bei Tier und Mensch, Ja zur Verbot von Tabakwerbung bei Jugendlichen, eher Nein zur Stempelabgabe resp. zum Medienpaket. Das ist der Tenor aus den beiden Umfragen zu den eidg. Abstimmungen vom 13. Februar 2022, die heute morgen erschienen sind. Wie sicher ist das bis zum Abstimmungstag, und was sind die Unterschiede zu den Mittelfristprognosen.


Schlussabstimmung Nationalrat: effektive Zahlen
Abstimmungsbüchlein: Inhaltsanalyse durch www.stellus.ch
Wettbörse: Panel von www.50plus1.ch
Allianzsstärke: Wählenden-Anteil 2019 der Parteien mit (voraussichtlicher) Ja-Parole
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SRG- und Tamedia-Umfrage bei den Volksinitiativen
Einig sind sich die beiden Umfragen von der SRG und Tamedia bei der Tabakwerbung. Die Ja-Seite hat in der Ausgangslage eine klare Mehrheit hinter sich, die Gegnerschaft ist arg in der Minderheit. Zudem haben in beiden Umfragen so viele wie bei keiner anderen Vorlage jetzt schon eine feste Stimmabsicht, sei dies im Ja oder im Nein. Da das Thema nicht neu ist, ist die Meinungsbildung fortgeschritten.
Beim Versuchsverbot für Tier und Mensch ist die Differenz zwischen den Umfragen minimal. Es führt initial das Nein, es ist das Ja sehr tief. Bei der Tamedia-Umfrage ist die Gegnerschaft in der absoluten Mehrheit, bei der SRG-Studie in der relativen. Hier sind, wiederum in beiden Erhebungen, so wenige wie bei keiner anderen Vorlage schon fest entschieden. An sich ist noch Vieles denkbar.
Bei Volksinitiativen rechnet man jedoch mit folgendem Verlauf der Meinungsbildung im Abstimmungskampf: Das Nein nimmt zu, das Ja ab.
Das gibt ein sicheres Nein beim Versuchsverbot und ein mögliches Ja bei der Tabakwerbung.

Die Umfragen bei den Gesetzesreferenden
Auch bei den beiden Referendumsabstimmungen sind sich die beiden Umfragen fast einig. Die Nein-Seite führt zu Beginn der Hautphase bei der Stempelabgabe. Beim Medienpaket ist das bei der Tamedia-Umfrage der Fall, nicht aber bei der SRG-Studie. Da resultiert ein perfektes Patt.
In beiden Erhebungen ist die bisherige Entschiedenheit mittel bis hoch. Es kann sich also noch einiges verändern, wenn der Abstimmungskampf einmal durch ist. Zudem ist der weitere Verlauf nicht so eindeutig wie bei Volksinitiativen:
Im ersten Szenario verteilen sich die Unentschiedenen auf beide Seite. Gemäss Tamedia-Umfrage heisst das zweimal Nein, aufgrund der SRG-Erhebung wäre es Nein bei der Stempelabgabe, aber nicht zwingend beim Medienpaket.
Im zweiten Szenario legt nur die Nein-Seite im Abstimmungskampf zu. Dann würden beide Vorlagen scheitern.
Welches Szenario eintrifft, hängt unmittelbar von der Meinungsbildung im Zentrum ab. Da kommt es vor allem auf DieMitte und die GLP an.
Die Umfragen zeigen, dass DieMitte-Wählenden vor allem allem bei der Abschaffung der Stempelabgabe skeptisch sind.

Der Umfragenvergleich
Beide Umfrageserien sind eben erst gestartet. Die Ergebnisse sind recht einheitlich, die bei LeeWas sind aber etwas akzentuierter. Das hat mit den Auswahlverfahren zu tun, das sich ausschliesslich auf online-Antworten stützt. so beteiligen sich vor allem Früh-Entschiedene.
Demgegenüber basiert die gfs.bern-Umfrage primär auf Telefoninterviews, die Festnetz- und Mobile-Adresse miteinbeziehen. Das involviert auch Personen ohne frühe Meinungsbildung besser. Deshalb gibt es regelmässig etwas mehr Unentschiedene.

Die kurzfristigen Auswirkungen der Publikation
Die Wirkungen der Doppelpublikation von heute morgen war erheblich. Die Wettbörse 50plus1 reagierte als Stimmungsindikator in drei der vier Fälle unüblich heftig. So erwartet nun eine Mehrheit der BörsianerInnen, dass die Volksinitiative zur Tabakwerbung angenommen werde. Zudem wettet man nun auf eine Ablehnung der Stempelsteuer. Auch beim Medienpaket macht sich eine Ernüchterung breit. Immerhin rechnet hier unverändert eine Minderheit, dass es schliesslich angenommen werde. Bestätigt fühlt sich die Wettgemeinde darin, dass die Versuchsinitiative in der Volksabstimmung klar scheitert.

Umfrage und Mittelfristprognosen
Die Ergebnisse der beiden ersten Umfragen entsprechen beim Versuchsverbot den Erwartungen, die man aufgrund der Mittelfrist-Indikatoren formulieren konnte. Denn auch die verwiesen einhellig auf eine finale Ablehnung.
Sie stehen aber im klaren Gegensatz zu den Vorhersagen bei der Tabakwerbung. Denn die gingen die Tools eher von einer Ablehnung aus, wenn auch von einer knappen. Das erinnert stark an die Pflegeinitiative. Beide Volksbegehren lehnte das Parlament ab, formulierte aber einen indirekten Gegenvorschlag. Bei der Pflegeinitiative nützte dies im Abstimmungskampf zu wenig, bei der Tabakwerbung ist einiges offen.
Differenzen gibt es diesmal wohl auch bei den Referenden. Denn in beiden Fällen konnte man nach der Parlamentsentscheidung eher von einem Ja in der Volksabstimmung ausgehen. Wenn das ein oder gar zweimal anders ausfallen sollte, verdichtet sich der Eindruck, wonach die Bürgerschaft zunehmend skeptischer gegenüber dem geworden ist, was die Behörden entscheiden.

Erste Bilanz
Wenn das Verbot der Tabakwerbung angenommen werden sollte, würde sich nach der Pflegeinitiative wieder eine Mehrheit aus SP, GPS, GLP und EVP, die im Parlament unterlag, in der Volksabstimmung durchsetzen. Bei einem Nein der Stimmenden zu beiden Referendumsvorlagen gewännen rechts und links je einmal gegen die Behörden.
Zweifelfrei würde sich da die Grundstimmung, entstanden durch die Pandemie, im Abstimmungsverhalten spiegeln. Zwar ist das Vertrauen, das die Behörden in der Schweiz geniessen nicht verspielt, aber Enttäuschungen angesichts der neuen Herausforderungen sind unübersehbar.

Begriffserläuterungen
Typische Mittelfristprognosen: Schlussabstimmung Nationalrat, Inhaltsanalyse Abstimmungsbüchlein, frühe Wettbörsen, Parolenspiegel
Typische Kurzfristprognosen: Umfragen kurz vor der Abstimmung, Kampagnenanalysen, Wettbörsen