Was es heisst, wenn im Sorgenbarometer 2021 das Institutionenvertrauen sinkt

Die Pandemie beeinflusst unsere Einstellungen zum Staat. Man hat das verschiedentlich in Wellenbewegung beschrieben. Was weiss man dazu mehr, nachdem das jüngste Sorgenbarometer erschienen ist?

Nach Ausbruch der Pandemie gab es zuerst eine generelle Sammlung hinter den Regierungen, die uns durch die Krise führen solle. Dann kamen Kritiken an den Corona-Regimes auf, die eine bunte Opposition erzeugten. Geschädigte, Impfgegner:innen, GrundrechtskritikerInnen, die Anhängerschaft von Verschwörungserzählungen, und ExtremistInnen sind darin aktiv geworden.


Grafik anclicken, um sie zu vergrössern

Die neuen Vertrauenswerte
Das eben erschienene Sorgenbarometer ist geeignet, diese Wellenbewegungen anhand des Institutionenvertrauen etwas genauer zu beschreiben:
2020 stiegen die Werte für das Vertrauen in den Bundesrat, Ständerat, Nationalrat und die politischen Parteien an. Erhoben wurden sie im Sommer des Jahres, als die erste Welle vorbei war und man nicht von einer zweiten ausging. «Wir können Corona», lautete das Motto.
Die Vergleichsdaten aus dem Sommer 2021 geben die veränderte Stimmungslage wieder. Die Vertrauenswerte für die Polizei, den Bundesrat, den Stände- resp. Nationalrat, die staatliche Verwaltung, die Armee, die Parteien und die Kirchen sind gesunken. Rückläufig sind auch die für die Banken, Online-Medien und Gratiszeitungen.
Den wichtigsten Gegenpunkt bilden nur die NGOs. Sie legten seit 2019 sogar leicht zu!

Die Eindordnung in die Schweizer Gegenwart
Hat Corona unser Verhältnis zum Staat und seinen nachhaltig Institutionen verändert? Das Sorgenbarometer rät trotz erster Evidenz, nicht zu übertreiben!
Zwar sind die Trendwenden im neuesten Jahresvergleich auffällig. Die so entstandenen Polarisierung entlang des Institutionenvertrauens sind auch im laufenden Abstimmungskampf sichtbar geworden.
Doch sind sie nicht einmal die grössten in der jüngsten Geschichte. Die Jahre 2018/19 polarisierten deutlich mehr. Es stürzten das Vertrauen in die EU, die politischen Parteien und die EU regelrecht ab. Grosse Baustellen wie die Europa- und Klimapolitik, aber auch schwelende Probleme mit dem sexuellen Missbrauch abhängiger Menschen waren dafür verantwortlich.

Der internationale Vergleich
Eine weitere Lehre aus dem Langzeitprojekt sollte man nie übersehen: Das Vertrauen in die meisten staatlichen Akteure bleibt in der Schweiz einigermassen hoch. Das gilt insbesondere im internationalen Vergleich zu. Denn die Erschütterungen im Ausland sind vielerorts deutlich höher.
Die wissenschaftliche Literatur hat verschiedenen Gründe für das letztlich stabile Institutionenvertrauen in der Schweiz benannt: die stabile Wirtschaftsentwicklung, die funktionierende Infrastruktur, vor allem das Gesundheits- und Bildungswesen, aber auch die Bürger:innen-Nähe der Politik gehören dazu.

Fazit
Die Leistungsfähigkeit von Staat und Wirtschaft zu halten und zu pflegen ist die Herausforderung für die Zeit über die Pandemiebewältigung hinaus. Das jedenfalls habe ich aus dem Sorgenbarometer herausgenommen.