Steueroase Schweiz

Die Assoziation sitzt tief: Oasen sind kleine, blühende Gebiete in ausgetrockneten, grossen Wüsten, die für alle mobilen Menschen attraktiv sind. Steueroasen sind demnach kleine Staaten im Meer der Länder, die für Steuerzahler, die nicht standortgebunden sind, besonders interessant wirken, um Steuern zu vermeiden, was zur Blüte der Steueroasen beiträgt.

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Der lockere Einstieg sei hier erlaubt, da es bis heute keine politoekonomisch anerkannte Definition von “Steueroasen” gibt. Alternativ wird auch das Wort Offshore-Finanzplatz verwendet.

Zur politischen Oekonomie von Steueroasen
Oekonomische Indikatoren der Bestimmung von Steueroasen sind etwa

. eine liberale Wirtschaftspolitik
. niedrige Steuersätze
. eine hohe Zahl von Briefkastenfirmen und
. ein ausgebautes Bankgeheimnis.

Hinzu kommen als politische Kennzeichen Stabilität und eine gute Regierungsführung, die Sicherheit einerseits, Abwesenheit von Korruption anderseits garantieren.

Steueroasen ziehen Gewinne, Vermögen und Einkommen an, die von Privatpersonen oder Unternehmen in Hochsteuerländer erzielt werden, weil sie in den Niedersteuerländern zu günstigeren Konditionen versteuert zu werden.

In der ökonomischen Theorie der Politik werden Steueroasen unterschiedlich beurteilt. Auf der Systemebene geht von ihnen der Druck auf umliegende Gebiete aus, ihre Steuer nicht zu erhöhen. So haben alle einen Nutzen davon, weil sie das egoistische Handeln der PolitikerInnen korrigieren. Auf der Akteursebene hingegen benachteiligen Steueroasen den Handlungsspielraum von grossen Ländern, die gezwungen sind, ein komplexeres Gemeinwesen zu unterstützen und eine ausgebautere Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, um das Wirtschaftsleben aufrecht zu erhalten.

Massnahmen gegen Steueroasen
Die OECD startete 1998 die sogenannte „Harmful Tax Competition” Initiative, mit der 41 Länder identifiziert wurden, deren Steuergesetzgebung mit einem fairen Steuerwettbewerb nicht konform waren. Die Schweiz, Oesterreich, Luxemburg und Belgien widersetzen sich der Initiative anfänglich, weil sie ihre Bankgeheimnisse bedroht sahen. Zwischenzeitlich sind die Kriterien gelockert worden, sodass sich nur noch Andorra, Liechtenstein und Monaco auf der schwarzen Liste befinden.

2005 wurde von der EU die Richtlinie zur Zinsbesteuerung eingeführt, ohne dass sie den erwarteten Erfolg zeigte. Wiederum widersetzen sich die Schweiz, Luxemburg, Belgien und Österreich. Gemeinsam setzen sie eine Quellensteuer auf bestimmten Kapitalerträgen durch, um den weitergehenden Austausch von Informationen zu vermeiden.

Kontroverse um die Schweiz
Angesichts der Finanzkrise kündigten im Oktober 2008 die französische und die deutsche Regierung an, die Massnahmen zur Austrocknung von Steueroasen zu verschärfen. Demnach könnte die schwarze Liste der OECD unter anderem mit Ländern wie der Schweiz ergänzt werden. Erwogen wird, die Steuerbefreiung für Dividenden von Unternehmen in unkooperativen Staaten auszusetzen.

Die Schweiz betonte wiederholt, sich an die Vorgaben der OECD zu halten, befindet sich aber mit der EU in einem schon länger anhaltenden Steuerstreit, der innerhalb einer limitierte Zeit geregelt werden muss. Für verbreitete Ablehnung sorgten Ende 2008 der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück, als er an einer Medienkonferenz der Schweiz mit der Peitsche drohte, wenn sie nicht kooperiere.

Claude Longchamp