Medienanalysen zu den eidg. Abstimmungen im Vergleich

Bisher kannte man das nur aus der Umfrageforschung, dass zwei Studien zum gleichen Thema am gleichen Tag erscheinen. Nun ist das auch bei Medienanalysen so. Denn heute veröffentlichten sowohl das FöG der Uni Zürich als auch das APS der Uni Bern eine entsprechende Untersuchung. Was sagen sie aus?


Grafik anclicken um sie zu vergrössern

Medienresonanz der Vorlagen
Ueber die «Ehe für alle» publizieren die Massenmedien für eine Abstimmungsvorlage überdurchschnittlich viel. Bei der 99ProzentInitiative ist dies nur unterdurchschnittliche der Fall. Das halten beide Studienberichte übereinstimmend fest.
Der Bericht der Uni Bern zeigt darüber hinaus, dass sich das Verhältnis in der letzten Phase des Abstimmungskampfes gekehrt hat. Ueber die Parlamentsvorlage wird zunehmend weniger, über die Volksinitiativen je länger desto mehr berichtet.

Tenor in den Massenmedien
Die Analyse der Uni Zürich beziffert dafür den Medientenor. Bei der Ehe für alle sind 66 Prozent der Medienberichte vorteilhaft für die Vorlage, 34 Prozent nachteilig. Umgekehrtes findet sich bei der 99Prozent-Initiativen. Da sind 39 Prozent der Publikationen in den Massenmedien zugunsten der Volksinitiative, 61 Prozent zuungunsten.
Der FöG-Bericht zeigt auch, wer die relevanten Kommunikatoren sind. Bei der Ehe für alle werden zivilgesellschaftlichen Akteure häufig zitiert, und sie sind klar dafür. Letzteres gilt auch für Unternehmen, auch wenn sie wenig zahlreich vorkommen. Selbstredend ist das auch beim Bundesrat der Fall, der den bejahenden Standpunkt des Parlaments vertreten muss.
Gut vertreten ist die SVP als ablehnende Partei, weniger häufig ist das bei der EVP so. Die befürwortenden Parteien von rechts bis links kommen ebenfalls weniger häufig vor. Das gilt vergleichbar für wissenschaftlich resp. religiöse Akteure.
Die befürwortenden Akteure werden in 71 Prozent der Beiträte zitiert, die ablehnenden in 23 Prozent.
Anders sieht es bei der 99-Prozent-Initiative aus. Am meisten werden Juso und SP zitiert, als Initiantinnen klar im Ja-Lager. Dazu zählen auch Gewerkschaften und Grüne, wenn auch weniger einiges häufig zitiert.
Führend im Nein-Lager sind die SVP und FDP, die Wirtschaftsverbände und die Unternehmen.
Die befürwortenden Akteure kommen in 37 Prozent der Artikel vor, die ablehnenden in 60 Prozent.

Tenor in der Inserate-Werbung
Der grosse Vorteil der APS-Analyse besteht darin, auch die Inserate in den Zeitungen auszuwerten. Davon gibt es bei der 99-Prozent-Initiative deutlich mehr als bei der Ehe für alle. Und sie sind fast unisono dagegen. Ihr Anteil liegt nämlich bei fast 100 Prozent.
Mehrheitlich befürwortenden sind sie bei der Ehe für alle. Hier ist der Ueberhang mit 84 Prozent aber etwas weniger deutlich.

Kurze Bilanz
Die beiden Studien sind mehrheitlich komplementär. Sie ergänzen sich gut. Wo sie sich decken, kommen sie zu qualitativ gleich Schlüssen. Das spricht für die Machart beider Untersuchungen.
Generalisierend kann man sagen, dass der Tenor der Medienberichte insgesamt nicht neutral ist, aber analog zu den Mehrheitsverhältnissen im Parlament ausfällt. Das ist auch bei der Werbung so, wenn auch deutlich krasser im Sinne der Behördenposition.