Nein&Ja erhärtet sich

Alle Tools zum Ausgang der Volksabstimmungen vom 26. September 2021 sind sich einig: Die Volksinitiativen zur Kapitalbesteuerung scheitert. Das Gesetz zur Ehe für alle wird angenommen.

Das jedenfalls legen fünf verschiedene Instrumente nahe, die entweder Prognosen zum Ausgang oder Momentaufnahmen zur Meinungsbildung sind.


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Prognose und Momentaufnahme
Zu den Prognosen gehören Modellrechnungen, die sich aus der finalen Parlamentsentscheidung oder aber dem Text der amtlichen Abstimmungsunterlagen ableiten. Ihr Vorteil: Sie können früh erstellt werden, berücksichtigen aber Besonderheiten des Abstimmungskampfes nicht.
Dem stehen Umfragen bei den Teilnahmewilligen oder unter Expert:innen gegenüber. Ihr Nachteil: Sie bleiben letztlich Bestandesaufnahmen, die sich immer wieder ändern können. Wenn wenigsten zwei Messpunkte vorliegen, kann man aber Trends in der Meinungsbildung oder in den Erwartungshaltungen erkennen und diese extrapolieren.

Meinungsumschwung und Meinungsaufbau
Die Umfragen zur 99%-Initiative sind vorteilhafter für das Anliegen als die Prognosen. Das passt gut zur theoretischen Annahme der Meinungsbildung bei Volksinitiativen. Demnach kommt es normalerweise zu einem Meinungsumschwung. Die anfängliche Zustimmung drückt allgemeine Sympathien zum Anliegen aus, während die finale Entscheidung Pro und Kontra Argumente zu Vorlage berücksichtigt. Das bevorteilt anfänglich die Befürworter:innen, in der Entwicklung aber die Gegner:innen.
Das muss bei Gesetzesreferenden nicht der Fall sein, denn sie sind in aller Regel gemässigter. Im Abstimmungskampf gibt es meist Spielraum für Zuwächse beider Seiten zu Lasten Unschlüssiger. Man nennt das Meinungsaufbau.

Politik und Gesellschaft
Es kann sein, dass die «Ehe für alle» final mehr Ja-Stimmen hat als anfänglich prognostiziert. Das hätte einen besonderen Grund: Die Gegner:innen der Ehe-Öffnung wären im Parlament anteilsmässig stärker gewesen als in der stimmberechtigten Bevölkerung. Das Parlament berücksichtigte traditionalistische Argumente mehr als die Stimmenden.
Das hat die Entscheidung im Parlament beeinflusst und Auswirkungen auf die amtliche Information gehabt.

Bilanz
Gut passen würde das zur These, die wir hier schon einmal geäussert haben: Der gesellschaftliche Konsens, gleichgeschlechtlichen Paaren Ehe und Kinder zu ermöglichen, wäre grösser als der politische.
Und noch eines: Ab 63% Ja hielte die Schweiz den Europarekord in einer Volksabstimmung zur Ehe-Öffnung. Der gehört momentan Irland mit 62% Ja.