Medienschaffende und PolitikerInnen: Egoisten oder Altruisten und sich?

Im Rahmen einer europaweiten Studie untersucht ein Forschungsteam des IPMZ der Uni Zürich erstmals die politische Kommunikationskultur der politisch-medialen Eliten in der Schweiz. Es liegt der Zwischenbericht der Professoren Otfried Jarren und Patrick Donges vor, der jetzt in die vergleichende Betrachtungsweise eingebracht werden soll. Eine kleine Uebersicht.

hbitzdgz_pxgen_r_900x600
Wechselseitige Brüche im Rollenverständnis von Politik und Medien ortet die Studie des IPMZ zur politischen Kommunikationskultur in der Schweiz

In Anlehnung an die politische Kulturforschung wird die politischen Kommunikationskultur in dieser Studie in 4 Dimensionen zerlegt:

. System: Interaktionsstruktur von Eliten aus Politik und Medien
. Input: Bedeutung der öffentlichen Meinung in der Politikvermittlung
. Output: Einstellungen zur politischen Oeffentlichkeitsarbeit und
. Selbstbild: Rollendefinitionen in der Interaktion der politisch-medialen Eliten

Zur Operationalisierung wurde eine Elitenbefragung konzipiert, realisiert bei 332 prominenten VertreterInnen aus Politik und Medien.

Die Kernergebnisse

Selbstbilder: In ihren wechselseitigen Rollenbildern unterscheiden sich politische und mediale Eliten massiv. Die PolitikerInnen nehmen Medien als marktkonforme Vermittler wahr, deren Hauptaufgabe es ist, möglichst viele NutzerInnen zu haben. Die Medienschaffenden definieren sich dagegen als Informanten der BürgerInnen, damit sich diese eine begründete Meinung bilden können. Das gilt notabene auch umgekehrt: Medienschaffende sehen im medialen Engagement der PolitikerInnen den Wunsch, die eigene Bekanntheit zu erhöhen, während PolitikerInnen das als Beitrag zur öffentlichen Information sehen.

System: Der Einfluss des öffentlichen Fernsehens, der Qualitätszeitung und der Boulevardpresse eingestuft. Geringer ist der Einfluss von Privatenfensehen und Online-Medien. Generell nehmen die politischen Auskunftsgeber mehr Einfluss wahr als die Medienschaffenden. Insgesamt fällt das Urteil beider Gruppen zum Einfluss der Medien auf die Funktionsweise der Demokratie positiv aus.

Input: Die Beurteilung von Umfragen fällt gemischt aus. Regelmässige Berichte werden recht positiv beurteilt. Der Journalismus, der sich auf Umfragen bezieht, gilt aber nicht als glaubwürdiger. Vor allem Medienschaffende bleiben hier skeptisch. Von beiden Gruppen werden Meinungsumfragen übrigens nicht als Hindernisse angesehen, um politische Vorhaben selbst bei einer kritische Bevölkerungsmeinung realisieren zu können.

Output: Fernseh-Talkshows gelten schliesslich als wirkungsvollste Vorgehensweise, um Botschaften in der Oeffentlichkeit zu platzieren. Praktisch gleichwertig beurteilt werden gezielte Informationsarbeit der politischen Akteure gegenüber JournalistInnen. Generell gelten medienorientierte Strategien als geeigneter denn politikbezogene wie die Parlamentsrede.

Mein Kommentar

Das sicherlich spannendste Ergebnis betrifft die Selbst- und Fremdbilder der Eliten untereinander. Sie zeigen erhebliche Brüche. Dabei unterstellt man dem Parnter egoistische Motive, während man die eigenen altruistisch interpretiert. Es wird interessant sein, diesen kulturellen Wandel bald einmal im Vergleich mit anderen politischen Kommunikationskulturen vergleichen zu können.

Claude Longchamp