Was die Messtools zu den Parteistärken heute aussagen

Bei allen Unterschieden der Messinstrumente, erhärten sich die Feststellungen zu Gewinnerinnen und Verliererinnen unter den Parteien bei den Nationalratswahlen 2019. Erwarten kann man, dass GPS und GLP beim Wählendenanteil zulegen, FDP und SP stabil bleiben und CVP, BDP und SVP verlieren dürften.

In der Schweiz sind Analysen kantonaler Wahlen und Wahlumfragen bewährte Messtools vor eidg. Parlamentswahlen. Unser Cockpit umfasst je zwei Tools: Die Uebersicht über die kantonalen Parlamentswahlen von gfs.bern und des Tages-Anzeigers sowie die aktuellen Wahlumfragen aus dem Hause Tamedia resp. der SRG.
In vielen Fällen stimmen die Aussagen qualitativ überein, so bei der SVP, der CVP, der GPS, der GLP und der BDP. Die Auswertungen für die kantonalen Wahlen sind für FDP und SP vorteilhafter als der Schnitt der Umfragen.
Die Umfragen zeigen untereinander graduelle Unterschiede. Die SRG-Auswertung ist linker als die von Tamedia. Das hat folgen für die SVP-Stärke: Die Erhebung von Tamedia rechnet mit einem knappen Halten, die der SRG mit eindeutigen Verlusten.

Das Mittel aus allem findet sich in der nachstehenden Tabelle.


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Hält das bis zu den Nationalratswahlen 2019 an, wird die grüne Welle die Wahlen im Herbst entscheiden. GPS und GLP werden aufaddiert rund 4 Prozentpunkte zulegen, GPS und SP gemeinsam rund 3. Das zweite Merkmal wird demnach ein Linksrutsch sein.
Letzteres wäre eine Pendelbewegung zu 2015. Damals rückte die Schweiz nach rechts, 2019 würde wieder ausgeglichen. Die Wahlforschung kennt das gut, wenn das Parlament Wahlergebnisse überinterpretiert und zu stark in eine Richtung korrigiert.
Neu wäre dagegen die Klimawahl. Sie zeichnete sich so wie jetzt bis Ende 2018 nicht ab, war aber im Wahljahr das bisher bestimmende politische Thema.
Das zeigt insbesondere das heute veröffentlichte Wahlbarometer. Es zeigt, dass die Klimafrage als zweitwichtigste Herausforderung der Politik angesehen wird, aber als wichtigste Grund, sich für eine Partei zu entscheiden.

Eines sagen beide Umfrageserien nicht: Woher die Gewinne kommen, wohin die Verlusten gehen. Denn beide Instrumente verzichten auf Wanderungsanalysen der Wählenden. Damit ist unklar, wo Märkte an Wählenden bestehen und wer da wie gut abschneidet. Ganz unbeantwortet bleibt die Frage nach der Wahlbeteiligung. Das steht im Gegensatz zur medialen Aufmerksamkeit genau dieser Frage. Denn neue Formen der Mobilisierung wie Telefonmarketing und Haustürwahlkampf mit BigData-Analysen gehen zu den wichtigsten Neuerungen des laufenden Wahlkampfes.

Was die angezeigten Veränderungen in Sitzen ausmachen, ist schwer zu sagen. Hauptgrund: Die Sitzverteilung geschieht kantonal, die hier angezeigten Veränderungen sind national. Beides muss nicht übereinstimmen. Will man dennoch einen Anhaltspunkt, gilt, dass 1 Prozentpunkt Aenderung im Anteil Wählender rechnerisch 2 Sitze im Nationalrat bedeutet. Doch hängt alles von der Verteiligung der Restmandate in den Kantonen ab, die ihrerseits durch Listenverbindungen beeinflusst sind. Diese kennt man aktuell noch gar nicht.
Deshalb sind effektive Sitzgewinne und -verluste reine Spekulation.

Claude Longchamp