Stadt/Land-Unterschied bei Personenfreizügigkeitsfragen rückläufig

In der Volksabstimmung fand die definitive Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union eine höhere Zustimmung als die Erweiterungsvorlage von 2005. Es nahm der Unterschied in der Zustimmung zwischen Stadt und Land ab, ohne ganz zu verschwinden; es erhöhte sich dafür leicht die Differenzierung zwischen den Sprachregionen, wie eine Uebersicht des BfS zeigt. Eine Erstanalyse des Forschungsinstituts gfs.bern zeigt zudem, was die Hintergründe der Regionen mit verschiedenen Dynamiken in den Trends sind.

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2005 sagten in der Schweiz 56 Prozent Ja zur damaligen Erweiterung der bestehenden Personenfreizügigkeit mit den 10 neuen EU-Staaten. In den Städte fiel die Zustimmung über dem Mittel aus; sie lag knapp 11 Prozent über jener auf dem Land. 2009 resultierte eine generell höhere Zustimmung; sie betrug 59,6 Prozent, wobei sich die Zustimmung auf dem Land stärker nach oben veränderte als in den Städten. Der Unterschied beträgt jetzt nach Berechnungen des Bundesamtes für Statistik noch 8 Prozentpunkte.

Leicht erhöht haben sich dafür die Unterschiede zwischen den Sprachregionen. Jene zwischen der deutsch- und der französischensprachigen Schweiz stieg von 6 auf 7 Prozentpunkte an. Die Differenz zwischen den deutsch- und italienischsprachigen Schweiz vergrösserte sich von 20 auf 25 Prozent. Das hat vor allem mit einer grösseren Dynamik in der deutsch- und französischen Schweiz zu tun, derweil die Zustimmung im Tessin sogar minimal sank.

Ein detaillierter Vergleich entlang der Bezirke, heute vom Forschungsinstitut gfs.bern veröffentlicht, zeigt zwei unterschiedliche Muster in Regionen mit grossen resp. kleinen Veränderungen:

Ueber dem Mittel stark wuchs die Zustimmung in finanzschwachen Bezirken. Und sie vergrösserter sich auch in Bezirken mit AusländerInnen vor allem aus europäischen Ländern. In diesen Gebieten verringerten sich die früheren Bedenken gegenüber der Personenfreizügigkeit um bis zu 10 Prozentpunkte.

Geringer als im Schnitt fiel die Zunahme der Bejahung in Bezirken auf, die eine hohe Arbeitslosenquote kennen. Das gilt auch, wenn die AusländerInnen-Population aus aussereuropäischen Gebieten überdurchschnittlich ist. Hier werden 2009 die Einwände gegenüber der Personenfreizügigkeit etwa gleich verbreitet geteilt wie das 2005 der Fall war.

Zwei mehr oder minder geschlossenen Bezirksgruppen fallen beiden Uebersichten besonders auf: Zuerst das Tessin, wo sich nichts bewegte, und dann das benachbarte Graubünden, wo sehr viel geschah. Im ersten Fall bestätigten sich die Euro-Skepsis, die seit der Entscheidung über die Bilateralen ununterbrochen regiert. Im zweiten Fall fäll auf, dass mit dem weitgehenden Verschwinden der SVP und dem Aufkommen der BDP sich die Opposition zur Personenfreihzügigkeit fast flächendeckend verringerte.

Claude Longchamp