Polarisierung als Strategie, um Wahlen zu gewinnen

Polarisierung ist das wichtigste Stichwort für die Analyse der Schweizer Wahlen seit 1995. Damit holen Polparteien keine Wechselwählende, mobilisieren aber neue. Polarisierung funktioniert mit Forderungen zur Migration fast immer, zu Fragen des Klimawandels hie und da. Bevorteilt werden dadurch die SVP, bisweilen auch die Grünen.

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Der Berner Politologe Klaus Armingeon zeigt mit seinen Wahlanalysen, dass es sich bei der Polarisierung um bewusste Selektionsprozesse «von oben» handelt. Entscheidend seien Kontroversen zu Reizfragen während des Wahlkampfes. Das bringt auch Teile der moderat gestimmten Wählenden sich klar für eine Seite zu entscheiden.

Bei Schweizer Volksabstimmungen kristallisierten sich in den letzten Jahren immer deutlicher drei Pole heraus:
• der nationalkonservative (bestimmt von der SVP, aber beschränkt erfolgreich)
• der rotgrüne, (dominiert von SP und GPS, ebenso nur teilweise mehrheitsfähig)
• und der liberale (mit der FDP in der besten Start-Position, die bei Volksabstimmungen zur Winner-Partei wurde)

Die CVP versucht sich neuerdings vom liberalen Pol zu lösen und sich neu zwischen dem Konservativen und Sozialen zu positionieren. Der Wahlerfolg blieb bis jetzt mehrheitlich aus. Auch die BDP sucht einen Spagat zwischen liberalem und konservativen Positionen, kämpft aber weiterhin gegen Niederlagen bei kantonalen Wahlen. Einzig die GLP hält sich momentan mit einem Mix aus wirtschafts- und gesellschaftsliberalem Profil.

Mit Blick auf die Wahlen 2019 ist das die entscheidende Frage: Kann man Wahlen gewinnen, ohne im Zentrum eines der drei Pole zu sein?

Claude Longchamp