Elektorale Integrität: Erfolgsaussichten einer Gratis-Abstimmung

Studentischer Gastbeitrag von Roberto Ramphos, Mastertrack Datenjournalismus, Institut für Politikwissenschaft Uni Zürich

Die SVP hat jüngst den Entscheid bekanntgegeben, dass sie keine Mittel in die Abstimmung des von ihr erzwungenen Referendums zum Asylgesetz bereitstellen wird. Diese Strategie stellt ein Novum in der neueren schweizerischen Abstimmungsgeschichte dar. Vor allem bei Ausländerfragen, dem Spezialgebiet der SVP, engagierten sie sich jeweils substantiell an den Kampagnen. Wieso dieser Entscheid gefällt wurde bleibt Spekulation. Darüber aber, was dies für das Referendum bedeutet, können durchaus Annahmen getroffen werden.

Dass Geld alleine keine Abstimmungen gewinnt, ist spätestens nach der millionenschweren EWR-Abstimmung kein Geheimnis mehr. Die damals teuerste Kampagne der schweizerischen Abstimmungsgeschichte für den Beitritt zum Wirtschaftsraum erwies sich als nutzlos. Die „Problematik“ von gekauften Abstimmungen in der Schweiz ist, anders als bei Wahlen in den USA, nicht erwiesen. Auch in der Politikwissenschaft ist dies wenig umstritten. Trotzdem überrascht es, dass die sonst in Asylfragen nicht geizende SVP es genau bei dem Referendum zum Asylgesetz versucht, gänzlich ohne finanziellen Mitteln auszukommen. Natürlich beherrscht die Volkspartei wie keine zweite die Klaviatur der medialen Aufmerksamkeit. Dies zeigte sich schon nur darin, dass ihr Verzicht auf bezahlte Kampagne auf grosses Echo der Presse stiess. Ob dies jedoch reicht darf bezweifelt werden. Das finanzielle Engagement kann nämlich vor allem bei knappen Abstimmungen ausschlaggebend sein.

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Quelle: Media Focus Schweiz. Beste erhältliche Daten zu diesem Thema aber teilweise mit erheblichen Ungenauigkeiten, so wird z.B. das SVP-Extrablatt nicht berücksichtigt.

Blickt man in die Vergangenheit zurück, können durchaus Tendenzen erkennt werden. In den letzten 10 Jahren können 10 Abstimmungen dem übergeordneten Thema «Ausländerfragen» zugeordnet werden. Gemessen am geschätzten Budget für Medieninserate und Plakataktionen , gewann immer diejenige Position die Abstimmung, welche das grössere Budget aufwies. Die einzige Ausnahme stellt die Volksinitiative «gegen die Masseneinwanderung» dar. Dieser Abstimmungskampf stiess aber mit dem grössten Gesamtbudget der letzten fünf Jahren in praktisch unbekannte Dimensionen der politischen Werbung in der Schweiz vor. So betrug das Budget der Gegner der Initiative sieben Millionen Schweizerfranken, das der Befürworter aber immer noch drei Millionen.
Ist es also genau in dem Bereich der Ausländerthematik trotzdem möglich Stimmen zu „kaufen“? Es kann angenommen werden, dass vor allem bei knappen Abstimmungen die Kampagne durchaus einen Effekt haben kann. Relevanter sind aber viele andere Faktoren bei den Abstimmungen. Die oft gehörte Klage, dass die Gegenseite sie mit ihrer finanziellen Übermacht geschlagen habe ist zumindest in der Schweiz unwahrscheinlich. Die Ausländerthematik ist aber ein sehr Umstrittener und aktueller Bereich der schweizerischen Politik. Daher kann es durchaus ins Gewicht fallen, wenn das finanzielle Engagement komplett wegfällt.
Kann die SVP also den Coup der Masseneinwanderungsinitiative mit dem Asylgesetzreferendum zum Nulltarif wiederholen? Höchstwahrscheinlich nicht. Alle anderen relevanten Regierungsparteien engagieren sich in Kampagnen dagegen und machen es damit der SVP extrem schwer diesen Nachteil ohne Ausgaben zu kompensieren. Wohl werden über andere Organisationen Gelder für die Ja Kampagne fliessen (namentlich der AUNS sowie Privatpersonen) trotzdem wiegt die Abwesenheit der SVP zu schwer. Verstärkend kommt hinzu, dass der mediale Fokus eher auf die zeitgleich stattfindende Abstimmung zur «Milchkuhinitiative» liegt und es damit noch schwieriger wird, von Gratis-Aufmerksamkeit durch Medienbeiträge zu profitieren.
Die Zeichen stehen also schlecht für die Gegner des Asylgesetzes. Die Abwesenheit finanzieller Unterstützung vonseiten der SVP könnte dabei den Entscheidenden Ausschlag geben. Das Geld ist meistens keine hinreichende- sehr wohl aber eine Notwendige Bedingung um Abstimmungen zu gewinnen.