Weder Normal-, noch Ausnahmefall

Geht sie durch, oder fällt sie durch? Gemeint ist die Volksinitiative des Verbandes “GastroSuisse” zur Beseitigung der Mehrwertsteuer-Diskriminierung im Gastgewerbe. Ganz so sicher wie in anderen Fällen sind wir nicht, weshalb wir den Titel gesetzt haben: “Zögern bei der Mehrwertsteuer-Initiative”.

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Normalfall und Ausnahmefall. Grafik anclicken, um sie zu vergrössern

Gemäss heute veröffentlichter SRG-Umfrage sind 41 % der teilnahmewilligen Stimmberechtigten dafür, 46 % dagegen. Damit hat keine Seite eine gesicherte Mehrheit hinter sich. Von der ersten zur zweiten Befragung nahm allerdings nur das Nein zu. Setzt sich diese Entwicklung bis zum Abstimmungstag weiter fort, scheitert die Initiative.

Hätte sich parallel zum Aufbau der Gegnerschaft die Befürwortung abgebaut, wäre unsere Aussage klarer gewesen. Dann wäre der Normalverlauf, wie wir ihn bei Volksinitiativen kennen, erfüllt gewesen. Entsprechend hätten wir ganz auf den Normalausgang – die Ablehnung – gesetzt.

Nun ist genau das in unserer Befragungsserie nicht eingetreten. Das Ja ist einigermassen stabil. Zudem korreliert die Zustimmung zur Initiative signifikant mit dem Misstrauen in Behörden. Genau das ist das Gemisch, bei dem rechte Volksbegehren mit dem last swing in der Vergangenheit erfolgreich waren. So geschehen zum Beispiel unlängst bei der Masseneinwanderungsinitiative.

Damit der Mechanismus funktioniert, bräuchte es allerdings eine starke Schlussmobilisierung, namentlich der Bürger und Bürgerinnen mit einer Wut im Bauch, die mit ihrer Stimmabgabe ein klares Zeichen setzen wollen – zum Beispiel zu Gunsten tieferer Steuern.

Doch genau das fehlt in der aktuellen Befragung. Am sichtbarsten wäre das geworden, hätten die Beteiligungsabsichten zugenommen. Die Umfrage aber legt nahe, dass sie bei einem mittleren Wert stabil sind.

Man kann es so sagen: Das Normalszenario ist nicht gegeben, das Ausnahmeszenario allerdings auch nicht. Wahrscheinlich ist, dass die Meinungsbildung zur Mehrwertsteuer im Gastgewerbe irgendwo dazwischen verläuft

Genau das macht es schwierig, mit Daten 19 Tage vor dem Abstimmungssonntag erhoben, den Ausgang der Entscheidung vorweg zu nehmen.

Unsere Bilanz nach Abfassen des Berichtes lautet deshalb: Ein Nein ist wahrscheinlicher als ein Ja, doch kann auch dieses ganz ausgeschlossen werden.

Das mag wenig aussagekräftig erscheinen, ist es aber nicht. Denn nicht unsere Analyse ist zaghaft, vielmehr fällt die Meinungsbildung zu dieser Vorlage zögerlich aus.

Claude Longchamp