Gripen: Entscheidung Ausgang weiterhin offen


50 Prozent, sagt die zweite SRG-Befragung zu den Volksabstimmungen vom 18. Mai, hätten sich letzte Woche beteiligt, wäre bereits damals über den Gripen entschieden worden – Trend steigend, vielleicht bis zum Abstimmungssonntag.

Nun kann das alleine Konsequenzen auf die Ursachen veränderter Zustimmungswerte haben. Zum Beispiel beim Gripen: In der ersten Welle Ende März waren 42 Prozent dafür und 52 Prozent dagegen. bei einer Teilnahmeabsicht von 45 Prozent. Umgerechnet auf die aktuelle Teilnahmeabsicht von 50 Prozent bedeutet dies, dass die damaligen 42 Prozent jetzt gerundet 38 Prozent ausmachen, die früheren 52 Prozent nun vereinfach 47 Prozent.

Wenn die aktuelle Befragung effektiv Verhältnis von Zustimmung und Ablehnung von 44 zu 51 ausweist, heisst dies, das befürwortende Lager ist effektiv um sechs Prozentpunkte gewachsen, das gegnerische um vier. Oder anders gesagt: Beide Seite werden grösser, aber nicht gleich schnell. Die Ja-Seite hat einen Vorteil in der Mobilisierung.

Nun wissen wir nicht, was bis zum Abstimmungstag alles noch geschieht: Die zentrale Auseinandersetzung bis jetzt erfolgte über die Kosten für den neuen Flieger. Für die BefürworterInnen sind sie eine gute Investition in die eigene Sicherheit, für ihre WidersacherInnen verschwendetes Geld, das man besser für Schulen und sozialen Sicherheit ausgeben würde.

Bisher keinen genuinen Einfluss auf die Stimmentscheidungen hatte die sicherheitspolitische Lage in Europa. Zu weit weg erscheint der Konflikt in der Ukraine, zu weit hergeholt sind die Folgen für die Schweiz. Kontrovers ist dafür die Frage nach der Luftraumverteidigung. Die Ja-Seite ist überzeugt, dass man das mit eigenen neuen Flugzeugen leisten muss; das Nein-Lager denkt, wir seien auch ohne dies genügend gerüstet.

Das Konfliktmuster in den Stimmabsichten kennt vordergründig das Zustimmungsprofil, das wir aus früheren verteidigungspolitischen Entscheidungen kennen: Männer, Rentner, Deutschschweizer und LandbewohnerInnen. Bisher hat das für die Behördenseite meist gereicht. Indes, es gibt auch Abweichungen, denn das linke Lager alleine wäre nie mehrheitsfähig. Erweitert wird es, wenigstens gegenwärtig, durch eine Mehrheit der Parteiungebundenen. Hinzu kommen oberen Einkommensschichten, sonst für die Armee, hier aber mehrheitlich gegen den Gripen-Kauf.

Die Kombination von Argumenten und Merkmalsgruppen auf der Ja- und Nein-Seite führt uns zur Gesamtbeurteilung: Die Gegnerschaft hat einen Vorteil, die Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. Weder ist der Nein-Anteil ausserhalb des Stichprobenfehlers, noch gehen die zeitlichen Veränderungen in der Ja-Zunahme darüber hinaus.

Massgeblich wird sein, ob es der Ja-Seite gelingt, die bürgerlichen Reihen unter den WählerInnen zu schliessen. Entscheidend ist auch, ob die Opposition der Parteiungebundenen hält, denn die Linke ist jetzt schon weitgehend geschlossen dagegen. Das macht es schliesslich aus, wie hoch der Ja resp. Nein- Anteil sein und wo die Mehrheit sein wird.

A suivre!

Claude Longchamp