Themenpuls: Was die Neuen Sozialen Medien bewegt

Das ist die News des Tages: Die 27 grössten Online-Newsplattformen der Schweiz werden laufend hinsichtlich ihrer Wirkungen auf Neue Soziale Medien analysiert. Ein Test, was man zum laufenden Abstimmungskampf erfahren kann.

Den Ueberblick zu behalten, was auf Facebook, Twitter und Google Plus geht, ist schier unmöglich. Seit heute hilft einem die Plattform Themenpuls Likes, Shares, Twitterlinks und Leserkommentare fortwährend zu erfassen, die sich auf Artikel der 27 grössten Online-Newsplattformen beziehen.

“Die von Farner & Kuble gemeinsam entwickelte Online-Plattform zeigt auf einen Blick, welche Geschichten die Schweiz bewegen – allgemein, nach Ressorts, nach Themen und nach Sprachregionen”, schreibt die Werbewoche in ihrer heutigen Ausgabe. Und: “Redaktionen und Medienproduzenten können zum ersten Mal direkt vergleichen, was ihre Geschichten & Inhalte im Vergleich zu den Mitbewerbern auslösen. Unternehmen, Marken oder Organisationen können dank der Plattform verstehen lernen, wie man Inhalte erarbeitet, die von Lesern als so relevant erachtet werden, dass sie diese kommentieren oder verbreiten.”

Das ist ein grosses Wort, das ich mit einer Probe aufs Exempel überprüft habe. Den Top-Artikel der letzten Tage hat mich nicht besonders interessiert, denn es ist der Bericht von Blick-Online zur Absage Kollers als Nati-Trainer. Das typische also, was der Boulevard will und was der auch durchsetzt. Mehr als der Fussball beschäftigt hat mich die Politik.

Hierfür nützlich ist die Suchfunktion “detailliert filtern”. Denn die erlaubt es beispielsweise, alles zu den kommenden Volksabstimmung heraus zu destillieren. Gewählt habe ich aus Neugier die Vignetten-Erhöhung. Herausgekommen ist die Hitparade mit den 10 meist diskutierten Artikel. Beiträge aus 20min, Blick, LeMatin, der Berner- und der BaslerZeitung werden gelistet. Allen voran: “Vignette für Lastwagen? Nicht wirklich.” Behandelt wird darin, wie sich Bundesrätin Doris Leuthard in der “Arena” mit einer Aussage täuschte, wie der Blick dies auf der Online-Plattform aufmachte, und wie die Neuen Sozialen Medien dies geboostet haben. Ich hätte aber auch mit der 1:12 Initiative beginnen können. Dann wäre ich bei den umstrittenen Aussagen eines Wirtschaftsprofessors gelandet, der sich für die Initiative ausgesprochen und die Wegzugsdrohung von Firmen in den Wind geschlagen hatte, denn so gute Verhältnisse wie in der Schweiz finde man so schnell nirgends. Bei der Familieninitiative wäre ich schliesslich nicht bei der SVP, sondern der CVP gelandet. Denn ihre Initiative, die via Ehedefinition die Heirat von Schwulen und Lesben ausschliessen könnte, war der Renner.

Irgendwie ahnt man schnell, was die Schweiz gemäss neuen Neuen Sozialen Medien in der Politik bewegt: Personalisierte Politik, Aussagen jenseits der Erwartbaren, Normenverletzung, die für Internet-affine Zielgruppen von Belang sind resp. mit ihren Folgen für den Alltag skandalisierungsträchtig sind. Das Interessante dabei: Egal, ob ich mich auf Facebook oder Twitter oder google+ stütze, es kommt im Grund genommen immer das gleiche Ranking heraus. Nur die Zahlenniveaus variieren. Denn Kommentare auf dem Plattformen und auf Facebook machen das grosse Geschäft aus. Trends, die sich auf Twitter oder google+ ergeben, beeinflussen das Gesamtergebnis nicht. Sie sind aber für sich genommen eine Zusatzinformation.

“Es gibt viele wertvolle Bewertungsmöglichkeiten zu Relevanz und Qualität von Medieninhalten. Themenpuls.ch will diese ergänzen, der immer wichtiger werdenden Frage nachgehen, welche Inhalte und Produkte von den Lesern als so relevant erachtet werden, dass sie kommentiert und geteilt werden. Der Vergleich mit Ergebnissen aus der Meinungsforschung soll uns Rückschlüsse erlauben, inwieweit geteilte Meinung zur öffentlichen Meinung wird”, sagt Farner CEO Roman Geiser in der Werbewoche ganz pragmatisch.

Meine Einschätzung: Themenpuls hat das Potenzial, Uebersichten über die immer fragmentiertere Oeffentlichkeit zu schaffen. Denn die neuen sozialen Medien schaffen sich einen eigenen Raum, zwischen den Massenmedien und der face-to-face-Diskussion. Dort, wo die von Belang wird, eröffnet einem die neue Plattform die neue Welt: beispielsweise in der Medizin, wo man Meinungen unter PatientInnen tauscht, und diese längst wichtiger sind ist für die Meinungsbildung als die grossen Medien; aber auch für die Politik eröffnen sich neue Perspektiven, denn man weiss, dass immer dann, wenn Unübliches geschieht, die persönliche Kommentierung der medialen Informationen zur eigenen Versicherung von Belang ist. Situationen ausserhalb des courant normal lassen sich mit Themenpuls einfacher, rascher und zuverlässiger erschliessen.

Claude Longchamp