Zum Beispiel Baden.

Das Staunen war gross, als der grüne Nationalrat Geri Müller neuer Stadtammann von Baden wurde. Im Windschatten davon eroberte die Linke die Regierungsmehrheit in der aargauischen Kleinstadt. Nun erlaubt eine Uebersicht über die parteipolitische Zusammensetzung der Schweizer Städte eine Einordnung.

Der Vorgang ist keine Einzelfall, vielmehr typisch für das, was in den urbanen Zentren der Schweiz leit längerem abgeht, wie der Schweizerische Städteverband in einer jüngst publizierten Bericht zur parteipolitischen Zusammensetzung der städtischen Exekutiven (im Vorjahr) darlegt.

Vor dreissig Jahren besetzten FDP, CVP und SVP in den Städten mit mehr als 50’000 EinwohnerInnen drei von fünf Sitze in den Regierungen. Seit rund 10 Jahren sind die Verhältnisse umgekehrt, sind doch SP, GPS und kleine Linksparteien in der Mehrheit. Am meisten gelitten hat dabei die FDP. Ueberblickt man alle Städte bleiben die Liberalen indes die führende Einzelpartei, sowohl in den Exekutiven wie auch in den Stadtpräsidien.


Quelle: Schweizerischer Städteverband, Grafik NZZ

Allerdings, nicht nur strukturelle Verhältnisse sind entscheidend, vielmehr gibt es auch erhebliche kulturelle Unterschied. So kennt Carouge 100 % linke StadträtInnen, derweil ihr Anteil in Wetzikon bei 0 liegt. Ueberhaupt resultiert ein auffälliger Unterschied zwischen Westen und Osten. Was westliche der Linie eine Mehrheit für die Linke fast schon Normalität ist, findet sich das östlich davon gerade Zürich, Schaffhausen und Winterthur – und seit 2 Wochen in Baden. Das Gegenteil zeigten die jüngsten Wahlen in St. Gallen, wo die Linke in der Stadtregierung gar nicht mehr vertreten ist.

Zum urbanen Umbruch gehört auch, dass der Frauen-Anteil in städtischen Exekutiven zugenommen hat. Auslöser war hier die Nicht-Wahl von Christiane Brunner in den Bundesrat im Jahre 1993. Das liess insbesondere in der grossten Städten der Frauenanteil sprunghaft ansteigen, mit der Folge, dass er auch in mittleren und kleineren Städten kontinuierlich zunahm. Aktuell haben sich die Werte zwischen 25 und 30 Prozent eingependelt.

Ueberhaupt, scheint der Links-Trend in den Schweiz-Exekutiven eine Sättigung erreicht zu haben. Höhepunkt in der Parteienstärke war bei Nationalratswahlen das Jahr 2003. Seither entwickelt sich der Anteil bei (nationalen) Parlamentswahlen wieder leicht zurück. Hauptgrund ist die Neuformierung der Parteienlandschaft, wobei insbesondere die GLP seit 2007 eine Konkurrenz darstellt und 2011 ist auch die BDP hinzu gekommen ist. Seither wächst die Mitte in urbanen Gebieten zu Lasten der Pole, und die GLP befindet sich da jetzt schon in der Leadrolle.

Baden ist damit das jüngste Beispiel in einer Kette von politischen Veränderungen im urbanen Raum, keinesfall ein Trendsetter, sondern vollzieht nach, was in den 90er Jahren im grossstädtischen Raum entstanden ist und heute zum urbanen Phänomen geworden ist.

Claude Longchamp