Popularität von BundesrätInnen

(zoon politicon) Seit vielen Jahren vermisst die Zeitschrift “L’Illustré” unsere BundesrätInnen. Zweimal im Jahr werden die Mitglieder der Landesregierung einen Popularitätstest unterworfen. In den Medien find en die Repräsentativ-Befragungen regelmässig breiten Wiederhall: Zeit, sich die Resultate mal systematisch anzusehen.

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Der Bundesrat und das Volk: Motto auch auf dem offizielle Bild der Schweizer Landesregierung 2008.


Die Befragungsserie

Die aktuelle Befragung wurde Mitte März 2008 durchgeführt. 700 SchweizerInnen in der deutsch- resp. französischsprachigen Schweiz werden berücksichtigt. Leider können sich italienischsprachigen MitbürgerInnen ausdrücken. Immerhin, für die 18 bis 74jährigen SchweizerInnen in den beiden anderen Landesteile ist das Bundesratsbarometer vom MIS Trend in Lausanne ein brauchbarer Stimmungstest, der, über die Zeit konstant gemacht, gerade im Vergleich vertiefte Rückschlüsse zulässt.

Bei allen Zahlen die L’Illustré präsentiert, ist allerdings Vorsicht geboten. Dargestellt werden nur jene Befragten, die eine Bewertung abgeben. Leider erfährt man nur bruchstückhaft, wie viele der Befragten hierzu zählen. Weder das Umfrageinstitut noch die Zeitschrift legen alle Ergebnisse offen. Eine Randnotiz zur jüngsten Ausgabe lässt aufhorchen: Micheline Calmy-Rey scheint als Person und Aussenministerin die bekannteste von allen zu sein. Doris Leuthard wieder scheint als Personen bekannt zu sein, nicht aber als Volkswirtschaftsministerin.


Das Rating im Frühjahr 2008

Die aktuelle Reihenfolge lautet:

1. Doris Leuthard
2. Eveline Widmer-Schlumpf
3. Hans-Rudolf Merz
4. Micheline Calmy-Rey
5. Samuel Schmid
6. Moritz Leuenberger
7. Pascal Couchepin

Das hauptsächliche Interessen an der aktuellen Erhebung, die diese Woche veröffentlicht wurde, betrifft das Ergebnis der neuen Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Sie bringt es auf Anhieb auf den 2. Platz unter den 7 Mitgliedern des Landesregierung. 82 Prozent finden ihre (bisherige) Arbeit sehr oder eher gut, 18 Prozent nur beurteilen sie als eher oder sehr schlecht.

Vor ihr rangiert nur Doris Leuthard. 91 Prozent haben ein positives, 9 Prozent ein negatives Urteil. Damit erreicht sie das zweithöchste Ergebnis aller Zeit. Nur Adolf Ogi kam in seinem Präsidialjahr 2000 auf eine höheren Wert, als er angekündigt hatte, den Bundesrat zu verlassen.

Eveline Widmer-Schlumpfs Startergebnis lässt sich durchaus sehen. Mit 82 Prozent Zustimmung startet sie, auf die wahlberechtigte Bevölkerung bezogen, ausgesprochen gut. Nur Doris Leuthard hatte eine besseren Anfangswert; alle anderen lagen kurz nach ihrer Wahl weiter zurück. Das sollte man nicht vergessen, wenn man die in der SVP umstrittene Politikerin pauschal als “Lügnerin” tituliert. Und nicht übersehen sollte man, dass die Zustimmungswerte zu ihrem Vorgänger, Christoph Blocher in der Regel bei 50 Prozent lagen.

Generell schneiden die drei Frauen im Bundesrat gut ab. Die Zeiten, da man Frauen auf wichtigen Posten in der Politik nichts zutraute, sind längst vorbei. Denn nebst den Spitzenplätzen von Leuthard und Widmer-Schlumpf ist auch Micheline Calmy-Rey recht gut plaziert. Nur ein Mann ist vor ihr, und die drei hinteren Ränge gehen ausschliesslich an ihre männlichen Kollegen im Bundesrat.

Amtsdauer und Popularitätszyklen
Den meisten BundesrätInnen im Amt gelingt sich in den ersten Jahren zu verbessern. Das zeichnet sich bei Hans-Rudolf Merz, 4 Jahre nach seinem Amtantritt am deutlichsten ab. Der Effekt, scheint sich aber auch bei Doris Leuthard, seit knapp zwei Jahren im Bundesrat, abzuzeichnen. Bei Micheline Calmy-Rey, seit 5 Jahren im Amt, scheint ihren Popularitätshöhepunkt überschritten zu haben.

Bei Samuel Schmid, der nach drei Jahren Bundesrat den höchsten Wert verzeichnet, hat der Abstieg eingesetzt; er bleibt aber recht bescheiden. Genau gleiches gilt letztlich auch für Motiz Leuenberger. Spektakulärer war die Talfahrt von Pascal Couchepin, die 2003 mit dem Wechsel des Departementes einsetzte und bis 2006 dauerte; bisweilen beurteilten noch 20 Prozent seine Arbeit als Bundesrat vorteilhaft. Zwischenzeitlich erlebt er eine eigentliche Rückkehr, selbst wenn er damit das Schlusslicht nicht hat abgeben können.

Generell wird man festhalten können: Die BundesrätInnen starten, bezogen auf ihre Popularität unterschiedlich gut. Im 2.-4. Jahr ihrer Amtstätigkeit legen sie in der Regel zu; danach nehmen die negativen Werte zu. Das Amt als Bundesrat nagt an den Zustimmungswerten. Hat der Abstieg eingesetzt, ist die Rückkehr an die Spitze fast ausgeschlossen!

Claude Longchamp