Die 3 eidg. Volksabstimmung vom 3. März 2013 zeigen verschiedenartige Links/Rechts-Profile

Bei allen drei eidgenössischen Abstimmungsvorlagen vom 3. März zeichnet sich eine Links/Rechts-Polarisierung ab, allerdings in unterschiedlicher Stärke und mit unterschiedlichen Ausprägungen. Eine Uebersicht.

Wie bei vielen Abstimmungen findet sich bei allen drei Vorlagen, über die am 3. März 2013 entschieden wird, eine Links/Rechts-Polarisierung. Das lässt sich anhand der Fraktionspositionen im Nationalrat zeigen, es wiederholt sich im Parolenspiegel, und auch Umfrageergebnisse können danach befragt und bewertet werden.

Verweisen alle drei Indikatoren (mehrheitlich) in die gleiche Richtung, kann man von einer (mehr oder minder) geschlossenen Parteiposition sprechen. Weichen insbesondere die Umfrageergebnisse von den Entscheidungen der Fraktion ab, kann man von einem (mehr oder minder ausgeprägten) Elite/Basis-Konflikt ausgehen. Kompliziert ist die Bewertung, wenn die Fraktions- und Parteispitzenposition nicht einheitlich ist.

Die Analyse nach Vorlage

Stellt man auf die eidg. Vorlagen vom 3. März 2012 ab, hat die Familienvorlage das klarste Links/Rechts-Profil. Geschlossen im Ja sind SP, GP und GLP, eine leicht gespaltene Befürwortung findet sich bei CVP und BDP, während die SVP leicht gespalten im Nein ist. Am schwierigsten noch ist die Positionierung der FDP: Die Fraktion war mehrheitlich dafür, die Parteispitze dagegen, ihr wird aber von der Frauen-Parteien in der FDP widersprochen. An der Basis überwiegt das Ja über das Nein. Allerdings gilt es festzuhalten, dass die 1. SRG-Befragung vor Einsetzen der Nein-Kampagne und der Parolenfassung auf nationaler Ebene war, sodass sich der Zustimmungswert auch in Negative entwickeln kann.


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Etwas konfliktreicher ist die Polarisierung, wie man sie beim revidierten Raumplanungsgesetz feststellen kann. Eine leicht gespaltene Befürwortung ergibt sich bei SP, GP und GLP. Dem steht eine leicht gespaltene Ablehnung bei SVP und FDP gegenüber. Nicht eindeutig klassierbar sind hier CVP und BDP. Bei letztere ist die Befragtenzahl zu gering, um eine eindeutige Qualifizierung abzugeben; bei der CVP fallt der Entscheid schwer, weil die Parteispitze im Ja ist, es aber auf Kantonsebene Abweichungen gibt und auch die Befragung zu Beginn des Abstimmungskampfes keine Zustimmungsmehrheit aufwies.


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Ziemlich kompliziert ist das Links/Rechts-Profil bei der Abzocker-Initiative. Vordergründig spricht einiges für ein bekanntes Muster: Die bürgerlichen Parteien sind dagegen, die linken dafür. Berücksichtigt man alle verfügbare Information, sind aber nur SP und GP geschlossen im Ja. Alles andere ist unsicher: Bei GLP und BDP verzichten wir angesichts der Fallzahlen in Befragungen auf eine Qualifizierung. Den klarsten Gegenpol zur Linken bildet die FDP; die Fraktion stimmte geschlossen gegen die Vorlage, die Partei empfiehlt, unwidersprochen, das Gleiche, doch gibt es, wenigstens in der ersten von zwei SRG-Befragungen einen tendenziellen Widerspruch an der Basis. Das ist bei CVP und SVP noch etwas komplizierter. Denn die CVP-NationlrätInnen stimmten in der Schlussabstimmung mehrheitlich vor die Vorlage – und auch die Basis tendiert gemäss Befragung ins Ja, derweil die Parteiparole „Nein“ lautet. Bei der SVP schliesslich stimmte die Deputation im Nationalrat mit einer Ausnahme gegen die Initiative, die Basis ist aber mehrheitlich dafür. Die Nein-Parole, welche die nationale SVP fasst wirkt stark löcherig, denn 10 Kantonalparteien haben das Gegenteil beschlossen.


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Sicher bleibt eines: Selbst die Links/Rechts-Polarisierung bei Volksabstimmungen ist in einem Parteiensystem, das durch relative Autonomie der Bundeshausfraktionen einerseits, der Kantonalparteien anderseits gekennzeichnet ist, gar nicht so einfach. Die klare Polarisierung zwischen bürgerlich und links, funktioniert kaum mehr, partiell gibt es eine Polarisierung zwischen mitte/links und rechtsbürgerlich, doch kann man auch unheilige Allianzen von links und rechts gegen das (liberale) Zentrum nicht mehr ausschliessen.

Die Zwischenbilanz nach Vorlage

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Parlamentsentscheid in der Volksabstimmung wiederholt, ist bei der Familienvorlage am grössten. Ist das nicht der Fall, kommt es zu einer kaum vorhersehbaren Ablehnung, die aus der (beschränkten) Dynamik im Abstimmungskampf erklärt werden müsste.

Etwas offener ist die Situation bei der Raumplanung, denn insbesondere die CVP kennt einen Elite/Basis-Konflikt. Würde er angesichts der Meinungsbildung im Abstimmungskampf grösser werden, wäre auch ein Scheitern denkbar. Ohne das, dürfte die Vorlage aber in der Volksabstimmung passieren.

Bei der Abzocker-Initiative fällt es schwer, den Parlaments- und Volksentscheid zu vergleichen. Zwar resultierte im Nationalrat eine knappe Nein-Mehrheit zur Initiative, sodass sich die Volkskammer entschied, keine Empfehlung herauszugeben. Weil der Bundesrat keine davon abweichende Position vertreten darf, gibt es auch hier keine Empfehlung, selbst wenn man um die ablehnende Position der Bundesregierung weiss. Unterstellt man aber ein mehrheitliches Nein in den Behörden, ist hier ein gegensätzlicher Volksentscheid durchaus möglich. Der Hauptgrund besteht darin, dass die Ablehnung rechts, auf Elite- wie auch auf Basis-Ebene uneinheitlich ausfällt.

Mehr zu dieser Analyse wird man wissen, wenn die zweite SRG-Befragung vorliegen wird. Spätestens am kommenden Mittwoch wird es soweit sein, denn danach ist die Publikation von Befragungen in der Schweiz untersagt.

Claude Longchamp