Von Wähler- zu Elektorenstimmen: Was sie die 13 Umrechnungs-Tools sagen

Zwischenzeitlich gibt es 13 Uebersichten zu den erwarteten Verteilungen der Elektorenstimmen bei den US-Präsidentschaftswahlen. In 42 Bundesstaaten (incl. Washington DC) sind sich alle Analytiker einig; in 10 gehen die Einschätzungen auseinander. Eine Auslegeordnung zu den Tools und ihren Ergebnissen!

Tabelle:
Uebersicht über hochgerechnete Mehrheit in den Swing-States nach Tools


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Ein Grund für die unterschiedlichen Bewertungen liegt in den angewandten Berechnungsverfahren. Ein zweiter könnte von den politischen Orientierungen einiger Analytiker abhängen; ein dritter hat eher mit medialen Interesse zu tun. Medien lassen gerne mehr offen, um Spannung zu erzeugen; und von einigen Prognostikern weiss man, dass sie für die eine oder andere Seite arbeiten. Immerhin, auch Politikwissenschafter haben sich unter die Rechner der Nation begeben, und leisten ihren Beitrag zur Umrechnung von Wähler- in Elektorenstimmen.

Karl Rove, der frühere Berater des republikanischen Präsidenten George W. Bush, ist das eine Extrem. Er lässt das Ergebnis in 9 der 10 diskutierten Bundesstaaten offen – mit dem Effekt, dass weder Obama noch Romney den Wahlsieg auf sicher. Aehnlich verfährt die Washington Post (WaPo), die sich in 7 der kontrovers beurteilten Staaten nicht festlegt, und ebenfalls von einem noch unentschiedenen Ausgang spricht. Aus dieser Warte hat der Republikaner 206 Stimmen auf sicher, während der Demokrat auf 221 resp. 243 kommt. Für die Wahl sind 270 nötig.

Das andere Extrem findet sich bei Drew Linzer und Josh Putnam, zwei ausgewiesenen Professoren für Politikwissenschaft. Obwohl verschieden arbeitend, haben sie alle Bundesstaaten eingeordnet. Und zwar genau gleich. Beide kommen auf 332 Stimmen für Obama und 206 für Romney. Der bisherige Präsident würde wiedergewählt.

Die 9 anderen Uebersichten befinden sich zwischen diesen beiden Polen – mit einer grossen Gemeinsamkeit: Keine einzige sieht aufgrund der Elektorenstimmen Mitt Romney als Wahlsieger, alle favorisieren Barack Obama!

Konkret handelt es sich um die Analyen:

. des Statistikers Sam Wang vom “ElectionConsortium” der Uni Princeton (ECP)
. des Statistikers Nate Silver, der für die New York Times unter “538” bloggt
. der Internet-Plattform “Real Clear Politics” (RCP)
. des Analytikers Scott Eliott, Leiter des eher konservativen “ElectionProjection” (EP)
. der Spezialwebsite “270towin
. der Politkwissenschafter Jay DeSart und Thomas Holbrook
. der Internet-Plattform “Talking Points Memo” (TPM)
. der Spezialwebsite “ElectoralVote” (EV)
und
. eZeitung “HuffingtonPost” (HuffPost)

Gemäss diesen Analysen sind Michigan, Nevada, Wisconsin, Iowa und Ohio nicht wirklich umstritten. Sie werden alle dem Präsidentenlager zugeordnet. Kontrovers diskutiert werden noch 5 Bundesstaaten:

. North Carolina,
. Florida und
. Virgina

verortet man mehr oder weniger beim Republikaner,

. Colorado und
. New Hampshire

eher beim Demokraten.

Das führt zu 277 bis 319 Elektorenstimmen für Obama und zu 191 bis 257 für Romney. Oder anders gesagt, alle geben Obama mehr oder minder deutlich den Wahlsieg. Die knappesten Ergebnisse entstehen unter anderem auch deshalb, weil einige der Tools Stimmen in Bundesstaaten mit ganz knappen Aussichten nicht vergeben.

Die Bilanz ist damit viel klarer als bei nationalen Umfragen. Selbst wenn dieses nur leichte Vorteile für Obama zeigen, vergrössert sich sein Vorsprung auf der entscheidenden Elektorenebene nicht unwesentlich.
Theoretisch kann man die Wahl auch mit einer Minderheit von Stimmen aus der Bevölkerung gewinnen, wie das die erste Wahl von Bush im Jahre 2000 zeigte. Seither haben die Amerikaner hinzu gelernt. Sie schauen genauer, auf das, was in den Bundesstaaten geschieht und addieren deren Elektorenstimmen.

Claude Longchamp