Kann Bloggen ihrer Karriere als WissenschafterIn schaden?

(zoon politicon) Wenn WissenschafterInnen bloggen, ist das schnell mal suspekt. Wenigstens für jene, die Wissenschaft als reine Veröffentlichung von Artikeln in Fachjournalen verstehen und die Produktion des Wissens auf Bücher in renommierten Fachverlagen reduzieren.

Ich will das gar nicht schlecht machen. Denn auch ich halte mich gerne an gute Lexika, übersichtliche Handbücher, lesenswerte Einführungsliteratur, kritische Buchbesprechungen, von denen ich annehmen darf, dass das Publizierte geprüft ist und sich am Stand der Diskussion ausrichtet.

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Sichere Karriereleitern gibt es nicht. Kommunikation ist eine Möglichkeit, sie besser zu meistern.

Doch stelle ich die Gegenfrage: Gibt es nicht auch wissenschaftliche Seminare, in denen man bewusst übt? War man noch nie in einem Kongress-Workshop, wo gerade die vorläufigen Gedanken am meisten angeregt haben? Und hat man noch nie einen Feuilleton-Artikel von Professoren, Institutsleitern und Wissenschaftspublizisten gelesen, die ganz ohne wissenschaftlichen Apparate daher kamen?

Natürlich, all das hat man doch schon selber erlebt. Denn: “Wissenschaft entsteht nicht mehr im Kopf von Genies”, sagt die unkonventionelle Konstanzer Wissenssoziologin Katharina Knorr-Cetina. Vielmehr wird sie produziert, in Laboratorien, in sozialen Strukturen wie Universitäten, Think Tanks und Massenmedien. Und das alles ist Kommunikation.

Zu den Problemen der Wissenschaftskommunikation zählt, dass sie Schleusen hat wie Zugangsbeschränkungen, die Hierarchien entstehen lassen, wie Fachgrenzen, die Leistungsvergleiche hemmen, und meist mit viel Prestige verbunden wird, was die Innovation der Wissensproduktion nicht unbedingt fördert.

Die Oeffnung der Schleusen in der Wissenschaftskommunikation ist deshalb von allgemeinem Nutzen. Das ist mein genereller Rat an die Wissenschaft und die WissenschafterInnen. Wissenschaftsblogs sind dabei ein Element, denn sie können Werkstätten der Forschung und ihrer Diskussion sein, ohne hohe Hürden der Kommunikation für Fachkreise zu haben.

Mehr noch: Wissenschaftsblog sind auch eine einfache und schnelle Form der Wissensschaftskommunikation. Was sich als richtig erwiesen hat, wird nicht ohne Weiteres als richtig eingesetzt. Denn es muss vermittelt werden. Es muss sich vor allem auf dem Marktplatz der Gegenwartsideen erst einmal durchsetzen. KollegInnen müssen informiert werden; möglichen AnwenderInnen müssen interessiert werden, und PublizistInnen müssen die Möglichkeit bekommen, sich selber ein Bild vom Fortschreiten der Wissensproduktion zu machen.

Wissenschaftsblogs haben denn auch diese Funktion. Sie sind ein Medium der Wissensvermittlung für spezifische Publika. Sie helfen, Wissens zu verbreiten, und sie helfen diese Verbreitung einfach zugänglich zu machen.

Klar: Wer eine Karriere als WissenschafterIn einzig als internen Reputationsprozess versteht, der oder die braucht nicht zu bloggen. Wer indessen an seiner Entwicklung als WissenschafterIn dauerhaft arbeitet, der oder die sollte weder bei der Produktion noch bei der Diffusion seines Wissens und Können auf eine so einfache Form der Kommunikation wie dem Bloggen verzichten!

Notabene genau so wenig wie zum Beispiel auf www.scienceblogs.de, einem inspirierenden Experiment der Wissenschaftskommunikation in der Blogosphäre.

Claude Longchamp