Verkommt Sachwerbung zu Imagewerbung?

Die übergeordnete Kampagne für die Personenfreizügigkeit wird immer mehr durch einzelne Kampagnen der Parteien verdrängt. Warum, und mit welchen Folgen, ist hier das Thema.

Das politische System der Schweiz kennt Wahlen und Abstimmungen. Im ersten Fall entscheiden wir über Parteien, im zweiten in Sachfragen. Entsprechend unterscheidet man üblicherweise zwischen Partei- und Sachwerbung.

Mit dem historisch einmaligen Aufstieg der SVP seit Mitte der 90er Jahre sind die Grenzen verwischt worden. Abstimmungskämpfe dienen immer mehr der Profilierung von Parteien. Sie mutieren zum Wahlkampf zwischendurch.

Der Erfolg der SVP als politische Partei bei Wahlen hat einen Mythos geboren. Entscheidend sei die Kommunikation gewesen, und dabei massgeblich sei das Plakat. Zwar sind die SVP-Affichen der letzten 10 Jahre mehrfach kritisert worden. Doch haben sie gerade wegen des Stilbruchs die Aufmerksamkeit der Meinungsbildner immer auf sich gezogen.

Auch die irritierten Parteien haben in den letzten Jahren angefangen, Abstimmungskämpfe für Eigenwerbung zu verwenden. Die Kampagnen zur Personenfreizügigkeit Sprechen eine deutliche Sprache. Economiesuisse macht die Dachkampagne der Wirtschaft. Und die befürwortenden bürgerlichen Parteien sollten die dazu passenden Basiskampagnen leisten. Getrennt marschieren, vereint schlagen war das Motto.

Das Bild stimmt zwischenzeitlich nicht mehr. CVP und FDP nutzen die Themenaufmerksamkeit, welche die Volksabstimmung vom 8. Februar 2009 erzeugt, um sich zu profilieren. Sie haben nicht mehr nur ihr eigenen Komitees. Vielmehr veranstalten sie auch eigene Medienkonferenzen. Und sie haben ihre eigenen Plakate und Inserate. Die betreiben ihre eigenen Kampagnen.

Das ist nicht ohne: Die Zahl der vergleichbaren Medienkonferenz nimmt zu; die Kapazitäten der Medien bleiben sich aber gleich. Man greift gerade in den elektronischen Medien zu drastischen Massnahmen. Statt jede Finesse in der Argumentation auszuleuchten, bringt man das Pro und Kontra je einmal. Die Differenzierung wird zum potenziellen Bumerang.

Im gekauften Teil der Medien wächst dafür der Eindruck, dass heute das gemeinsame Projekt der Befürworter hinter den parteieigenen Interessen ihrer Trägerinnen verschwindet. Die langfristige Orientierung verliert sich im kurzfristigen Aktionismus. Sachwerbung verkommt zur Imagewerbung.

Ob das für die Sache von Gutem ist?

Claude Longchamp