Perspektiven 2025: Bilanz für die Schweiz ein Jahr nach der Veröffentlichung

Vor genau einem Jahr legte der Bund den Bericht Perspektiven 2025 vor. Was dann sein wird, wissen auch die AutorInnen aus der Bundesverwaltung nicht. Deshalb haben sie eine Trendanalyse vorgenommen und mit Szenarien weitergedacht. Hier resümiere ich, was davon das Politsystem betrifft – und frage, welche der Aussichten heute plausibler resp. unplausibler denn je erscheinen.

Die Trendanalyse für die Schweiz ist treffend. Das politishe System und dessen Umweld werde zunehmend komplexer, schreiben die Autoren des Berichts Perspektive 2025. Damit einher gehe eine Entwicklung Richtung sinkender Handlungsfähigkeit des Staates, gekoppelt mit einer sinkenden Leistungsfähigkeit des Politsystems. Gründe dafür werden vielerorts gesehen: im Einfluss internationaler Trends, in der zunehmenden Verschränkung von Innen- und Aussenpolitik, in der steigenden Verflechtung von Politik und Wirtschaft durch das Lobbying, via die Individualisierung, verbunden mit einer wachsenden Mobilität, in der wachsenden Aufgabenlast des Staates, der zunehmend schwierigeren Finanzierung seiner Tätigkeit und dem Druck der Oeffetnlichkeit, der von immer kritischeren Medien ausgeht.

Im politischen System am meisten gefordert sehen die amtlichen Berichterstatter das Milizsystem, die Governance der Verwaltung und den Föderalismus, was den Ruf nach institutionellen Reformen vermehren wird.

Was tun?

Eine Antwort gibt es nicht, denn es gibt nicht nur die schweizerische Antwort auf die Herausforderungen. Sie müssen, so der Perspektiven-Bericht, auf die Entwicklung des internationalen Umfeld abgestimmt sein. Da wird zwischen regionalen (sprich: europäischen) und globalen (ebene weltweiten) Veränderungen unterschieden. Kombiniert gibt das vier (logisch) denkbare Szenarien, die zu je einem Motto für das kommende staatlichen Handeln führen.

. die globale wie regionale Integration mit dem Motto “Globalität und Mobilität”
. die globale Integration mit regionaler Fragmentierung mit dem Leitspruch “Wiedergeburt asiens”
. die globale Fragmentierung mit regionaler Integration, angeleitet durch “Europa als Gestaltungsmacht” und
. die globale wie regionale Fragmentierung, mit der Handlungsanweisung: Rückbesinnung auf Schweizer Traditionen”.

Im ersten Szenario stehen alle politischen Lampen auf grün. Die Weltordnung ist multipolar, Grossmächte agieren friedlich nebeneinander und das Konfliktpotenzial ist gering. Entsprechend sind die Internationalen Institutionen relevant, und sie werden von der Schweiz aktiv genutzt.
Im zweiten Szenario erstarkt nur Asien, die USA stagniert, die EU schwächelt. Die regionale Blockbildung nimmt zu, das Konflitkpotenzial bleibt aber beschränkt. Internationale Organisationen können sich nur auf einer veränderten Basis konsolidieren; ein Prozess, der von der Schweiz nicht mitbestimmt werden kann.
Im dritten Szenario wird das Schweizer Umfeld unipolar. Nur die EU ist sicher und stark, während die USA und Asien zu ferne Bezugspunkte darstellen. Die internationalen Verhältnisse sind fragil, das Konfliktpotenzial entsprechend hoch Das alles blockiert internationale Institutionen. an der EU führt kein Weg mehr vorbei.
Im vierten und letzten Szenario sind die globalen Machtverhältnisses unklar. Das Konlfiktpotenzial ist rundherum gross. Es bilden sich ad-hoc Allianzen, was die internationalen Organisationen alt aussehen lässt.

An dieser Stelle interessiert sich der Perspektiven-Bericht für die Folgen für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Wer davon mehr wissen möchte, kann sich den Bericht runterladen oder bestellen.

Mich interessiert im Moment vor allem die Frage, welche der vier Szenarien, genau ein Jahr nach der Veröffentlichung des Bericht, an Plausibilität gewonnen resp. verloren haben?

Antworten sind erbeten, denn nur eine Bestimmung der Entwicklungen auch ausserhalb der Schweiz macht einen Entscheid über die Ausrichtung im Innern rational!

Claude Longchamp