Neue Parteistärken – in Wahlbefragungen und Wahlen

Gestern veröffentlichte die Sonntagszeitung erstmals seit den Nationalratswahlen 2011 Umfrage-Ergebnisse zu Parteistärken. Zudem wählte mit St. Gallen jüngst ein Kanton, der gross genug ist, um nationale Trends reflektieren zu können. Ein Kommentar zu den aktuellsten Veränderungen in der Parteienlandschaft.

ps
Quelle: Sonntagszeitung

Man erinnert sich sicherlich: BDP und GLP gewannen die Wahlen in die Volksvertretung im letzten Oktober. Alle anderen mussten, bei leicht steigender Wahlbeteiligung, Wählerverluste in kleinerer oder grösseren Zahl hinnehmen.

Teilweise ähnliches wiederholte sich im Kanton St. Gallen, dem grössten Kanton, der seither gewählt hat. Die Wahlbeteiligung stieg, und die grössten Gewinne gingen an GLP und BDP. Anders als auf nationaler Ebene konnten auch SP und GP zulegen, und es hielt sich die FDP. Verluste setzte es bei der CVP und namentlich der SVP ab.

Nun veröffentlichte die Sonntagszeitung erstmals auch ihre Parteienbarometer. Erstellt wird es quartalsweise, aufgrund von Isopublic Erhebungen. Akutell basiert die Auswertung auf 1009 Befragten, interviewt um die Monatswende vom Februar zum März.

Erneut gehören die GLP und die BDP zu den klaren Gewinnerinnen. Etwas zugelegt haben SP und FDP, während die CVP stabil ist. Minimale Verluste ergeben sich für die GP, deutliche für die SVP. Angaben zur Wahlbeteiligung, wäre denn auch gewählt worden, macht die Sonntgszeitung nicht.

Was heisst das alles? – Bestätigung findet der Haupttrend von 2011. Die neuen Parteien im Zentrum, die mässigend auf die Polparteien, sind (unverändert) im Schwang. Schaden genommen hat vor allem die SVP, ohne dass die Partei ihre Position als wählerstärkste Kraft in der schweizerischen Parteienlandschaft eingebüsst hätte. Der Rest ist etwas uneinheitlich. Am ehesten noch gilt, dass die SP von den Monaten seit den Nationalratswahlen etwas profitiert hätte. Stabilisiert hätte sich die FDP. Etwas unsicherer ist diese Aussage in Bezug auf CVP und GPS.

Oder anders gesagt: Die Polarisierung der Parteienlandschaft scheint überwunden. Dafür sprechen alle Werte für die neuen Parteien im Zentrum. Bezahlt wird dieser Wandel in erster Linie von der SVP, die am klarsten und längsten von der Polarisierung der Parteienlandschaft profitiert hatte. Der Rest hat sich lagermässig stabilisiert. Bei den Parteien gilt, das für die SP, wohl auch für die FDP. Unsicher ist das namentlich bei der CVP.

Am auffälligsten ist der Wandel zwischen steigender Wahlbeteiligung und Gewinnen für die SVP. Was jahrelang galt, ist seit 2011 ausser Kraft gesetzt. Vieles spricht dafür dass die rechtspopulistische Mobilisierungskraft der SVP nachgelassen hat, nicht zuletzt seit sie fast durchwegs eine negative Presse hat. Denn genau die Focusierung der Medienaufmerksamkeit auf die SVP hatte ihr immer wieder geholfen, selbst wenn die Kommentierung schwanken war.

Die neue BürgerInnen, die sich einbringen (wollen) gehen zu den neuen Parteien, die von Vorschusslorbeeren profitieren können. Vermehrte Kritik an ihrer Kampagnenfähigkeit (GLP im Zusammenhang mit der Zweitwohnungsinitiative) und Politik der SpitzenrepräsentantInnen (BDP mit Bundesrätin Widmer-Schlumpf) dürfen ihnen nicht egal sein. Mindestens in St. Gallen haben die Trends in der Beteiligung auch der in der Minderheit stehenden Linken geholfen, die durch ihren unerwarteten Wahlerfolg bei den Ständeratswahlen beflügelt ist.

Claude Longchamp