Hansjörg Walther: die neue Galionsfigur für die Bilateralen

“Galion” ist spanisch und meint Balkon. Galionsfiguren sind jene Personen-darstellungen auf Schiffen, die auf einem gut sichtbaren Vorbau angebracht werden, um auf dem richtigen Weg Unglücke zu verhindern. Diese Figur der Seefahrer geht jetzt auf neue Reise und macht bei den Landwirten Halt.

< Die neue Galionsfigur der SVP, wenigstens jener starken Minderheit der Fraktion, die dem befürwortenden Komitee beigetretenist, heisst Hansjörg Walther. Dank seiner Fast-Wahl in den Bundesrat ist der Schweizerische Bauernpräsident aus dem Thurgauischen im vergangenen Dezember national bekannt geworden. Jetzt wird er auf den neuen Plakaten der befürwortenden Kampagne zu den Bilateralen als Aushängeschild der Landwirte präsentiert. Auf dem Balkon der Werbung stehend, sagt Walther "Ja" nicht nur zu Weiterführung der Personenfreizügigkeit; er ist auch für die Erweiterung auf die neuen Mitgliedstaaten. Die Bauern hätten insbesondere mit Rumänen als Arbeitskräften in den Landwirtschaft gute Erfahrungen gemacht, bekennt Walther im heutigen "Sonntagsblick“. Bei einem Nein zum ganzen Paket würden die wirtschaftlichen Nachteile überwiegen, gibt er konträr zur Parteimeinung wieder. Denn: “Bewährtes sollte man nicht kündigen.”

Es ist offensichtlich: Das neue Kampagnenelement des Ja-Lagers zu den Bilateralen zielt auf die Landwirte. Sie sollen für ein “Ja” gewonnen wereden. Real machen sie zwar kaum mehr 5 Prozent der Erwerbstätigen resp. der Stimmenden aus. Gefühlsmässig neigt aber rund ein Drittel der Schweizer Bevölkerung zu den Bauern: “mentale Bauern” werden sie gelegentlich genannt – SchweizerInnen, die so entscheiden, wie wenn sie Landwirte wären, auch wenn sie es nicht (mehr) sind.

Der SVP wird das symbolisch schmerzen. Denn sie kann die Bauernschaft als Inbegriff der traditionellen schweizerischen Lebensweise nicht mehr als sichtbare Gegner der Personenfreizügigkeit für ihre Kampagne beanspruchen.

Real wird das die SVP jedoch kaum kümmern. Sie setzt auf die zahlreicheren, EU-feindlich eingestellten Bevölkerungsteile und mobilisiert hierzu ganz bewusst die Ausländerfeindlichkeit, die recht quer zu den sozialen Schichten vorkommt. Die Bauernschaft lässt sie (diesmal) links liegen.

Claude Longchamp