Kein Tag für die FDP bei den Ständeratswahlen

Heute ging die erste Staffel an Stichwahlen für den Ständerat über die Bühne. In Schaffhausen wurde der parteilose Thomas Minder gewählt, im Thurgau die biserhige CVP-Nationalrätin Brigitt Häberli und die Waadt bestätigten die beiden bisherigen Géraldine Savary von der SP und Luc Recordon von der GPS.

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Zwischenstand bei den Ständeratswahlen: Die SP gehört dank dem Sitz von Pascale Bruderer auf jeden Fall zu den Gewinnerinnen.

Es war keine Tag für die FDP. Im Kanton Schaffhausen misslang das Unterfangen, den Ständeratssitz über den Rücktritt des Bisherigen hinaus zu halten. Angetreten war man mit dem Kantonalpräsidenten. Ergeben hat sich ein letzter Platz, selber hinter dem SP-Herausforderer. Thomas Minder, der Quereinsteiger ohne genau Fraktionsaussage, wurde gewählt.
Im Thurgau wähnte die ihren Kandidaten in der Poleposition, weil die mächtige SVP ihn empfahl. Noch heute morgen frohlockte die Online-Ausgabe der NZZ, der CVP-Sitz wackle erheblich. Schliessich gab es eine klare Niederlage gegen die Vize-Präsidentin der CVP-Fraktion, die erste Thurgauer Standesfrau wurde.
Nicht wirklich besser erging es der FDP in der Waadt. In der ersten Runde mit zwei Bewerbungen unterwegs, konzentrierte sich das Interesse im zweiten Wahlgang auf die Chancen von Isabel Moret. In der Tat lag sie am Ende vor Guy Parmelin von der SVP, aber einiges hinter der Barriere, die man rechts am liebsten gemeinsam durchbrochen hätte, um den Kanton Waadt im Stöckli bürgerlich zu vertreten.

Die drei Wahlen zeigen Gemeinsames im Verschiedenen: Politisches Entrepreneurship gibt es, wie Thomas Minder ausdrücklich zeigt, weiterhin, und es ist bei Wahlen auch unverändert gefragt. In der FDP ist es aber vielerorts nicht mehr zuhause, denn da regiert die direkte Interessenvertretung, zu wenig die Lösung kontreter Probleme, welche die Gesellschaft bewegen. In der Ostschweiz hat dies zu einem bedenklichen Substanzverlust bei der FDP geführt. Neu ist die FDP in Schaffhausen, aber auch im Thurgau nicht mehr im Bundesparlament vertreten. In Graubündung und Glarus gibt es zwar noch FDP-Standesherren, aber keine Volksvertreter mehr. Einzig in St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden hat die FDP eigene VertreterInnen in beiden Kammern der Bundespolitik. Hauptgrund sind das mittelfristige Erstarken der SVP, welche die national gesinnten, konservervativen Kräfte sammelte, und das Auftreten neuer Parteien, welche die Mitte gestalten, in der Ostschweiz allen voran die GLP, welche neuerdings Wählende der FDP, die ins Zentrum neigen, ansprechen können.
Etwas anders sind die Verhältnisse in der Westschweiz. Das Zusammengehen der ehemaligen Liberalen und Radikalen bringt nicht nur Erfolge, sondern auch Herausforderungen. 1 und 1 gibt, in der Politik jedenfalls, nicht einfach 2, denn Parteifusionen müssen verarbeitet werden, bis sie Früchte tragen. Die FDP.Liberalen sind zwar so an einiges Orten wieder erste bürgerliche Kraft geworden; die weiterhin zwischen liberalen und konservativen fragmentierte Rechte ist aber nicht stark genug, um bei Majorzwahlen die koordinierte Linke zu schlagen. Das wurde im Kanton Genf schon im ersten Wahlgang zu den Ständeratswahlen klar; der Kanton Waadt doppelte heute in der Stichwahl nach. Denn in beiden Kantonen ist die Vertretung im Stöckli rotgrün geprägt – bisher und inskünftig.

Wer der Gewinner des Tages ist, bleibt vorerst offen. Denn Thomas Minder wird sich, um sich effektiv einbringen zu können, einer Fraktion anschliessen müssen. Selber schwankt er zwischen GLP und SVP, sodass sich beide Parteien bemühen werden, den Neuling wenigstens in die Parlamentsgruppe aufnehmen zu können. Ihre Besitzsstände wahren konnten heute die SP, die CVP und die GPS, was mit Blick auf die Bundesratswahlen nicht unerheblich ist. Die Verliererin des Tages ist die FDP, die nicht vorwärts, wie sie hoffte, sondern rückwärts machte. Selbst wo sie sich, wie im Thurgau, an die SVP anlehnte, schaffte sie den Durchbruch nicht. Und wo, wo sie, wie in Schaffhausen, das lokale Gewerbe in der Bankendebatte verärgerte, bezahlte sie gar die Wahltagsrechnung ganz alleine.

Claude Longchamp