Wer ist die BDP? – Ergebnisse und Folgerungen aus der vertieften Erstanalyse

Nächste Woche werde ich bei der BDP des Kantons Bern eine Wahlanalyse vortragen. Hier schon mal das Gerüst der Informationen und Diskussionen.

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Die BDP ist mit 5,43 Prozent unter den Wählenden die sechstgrösste Partei der Schweiz. Momentan ist sie die interessanteste. Denn sie hat einen Bundesratssitz zu verteidigen.

Die Wahltagsbefragung unseres Instituts brachte es auf den Punkt: Wer parteipolitisch ungebunden handelt, wählte diesmal überproportional BDP. Wer bis am Ende des Wahlkampfes unschlüssig blieb machte das Gleiche.
Die BDP ist nicht nur die neue Kraft im schweizerischen Parteiensystem. Sie ist auch für Unzufriedene unter den anderen Regierungsparteien zum Sammelbecken geworden – vor allem bei FDP, aber auch bei SVP und SP. Entsprechend hat man panaschiert: in fast alle Richtungen.
BDP wählte man wegen ihren Aushängeschildern und wegen der KandidatInnen. Zu allererst gilt das für Eveline Widmer-Schlumpf. In den Gründungskantonen aber auch für die Personen, die sich meist von der SVP losgesagt haben. In zweiter Linie unterstützte man die BDP wegen ihrer Grundhaltung: optimistisch in die Zukunft blickend, staatstragend, gemässigt.
Die BDP hat vor allem RentnerInnen auf dem Land angezogen. Darüber hinaus mobilisierte sie bei Jungen, bei StädterInnen. Ansonsten hat sie ein breites Profil, das eine Volkspartei – namentlich in reformierten Gebieten.
Die Wählenden der BDP sehen sich politisch im Zentrum. Ihr Standort auf der Links/Rechts-Achse ist, im Schnitt, deckungsgleich mit dem der CVP-Wählenden.
Selbstredend wollen alle, die für die BDP gestimmt haben, dass ihre Bundesrätin in der Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bleibt. Dafür haben sie im Wahlkampf gekämpft, haben sie am Wahltag gestimmt, aus tiefster Ueberzeugung oder auch aus Taktik. Vorherrschend ist der Wunsch, die SVP zu bändigen; dafür ist man bereit, auf die arithmetische Konkordanz zu verzichten.

In den ersten zwei Wochen nach der Nationalratswahl hat die neue Kleinpartei die Szenerie weitgehend beherrscht. Sie lancierte die Kandidatur ihrer Favoritin für den Bundesrat, und sie positionierte sich als selbständige Partei. Das ist im eigentlichen Sinne ein Poker, denn 5 Prozent empfehlen niemanden als Bundesratspartei. Das hat die GLP begriffen, und auch die GPS weiss darum, dass weniger als 10 Prozent einen ausschliessen, Ansprüche auf eigene Bundesratssitze zu erheben.
Numerisch ist nur eine Zentrumsallianz gross genug. Politisch ist sie vorerst aber wenig stabil. Die Holding-Diskussion vor der Wahl zeigte das exemplarisch auf. Da braucht es mehr, meiner Meinung nach eine Zentrumsfraktion, welche die nötige Stabilierung der fragmentierten Mitte – und damit der wichtigsten Neuerung dieser Wahlen – sichert.

Claude Longchamp