Erstanalyse der Schwyzer Kantonsratswahlen

(zoon politicon) Die Schwyzer Kantonsratswahlen sind vorbei. Nun beginnt die Analyse. Eine Möglichkeit, Wahlergebnisse, die auf kommunaler Ebene vorliegen, zu untersuchen, sind Wählerstromanalysen.

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Vorbildliche Resultatevermittlung der Resultate im Kanton Schwyz; eine Analyse der Herkünfte und Verschiebungen von Wählerstimmen, die einen Anhaltspunkte für die Ursachen geben könnten, ist das aber nicht.

Das statistische Verfahren
Die Annahme dahinter ist recht einfach: Man betrachtet, welche Partei in einem Wahlkreis gewinnt und welche verliert. Dann fragt man sich, ob die einzelne Beobachtung verallgemeinerbar ist oder nicht. Wenn sie verallgemeinerbar ist, kann man plausible Wählerwanderungen anstellen, die nach dem Motto funktionieren: Wer gewinnt von wem.

Nun ist die Realität aber komplexer, wenn sich die Beteiligung ändert und es mehr als zwei Partein hat. Man muss das Gedankenspiel gleichzeitig für alle denkbaren Uebergänge machen. Das kann eigentlich niemand.

Doch gibt es statistische Verfahren, die einem helfen, dabei die Uebersicht zu bewahren. Wer diese diese beherrscht, kann die Wahrscheinlichkeiten aller Uebergängen gleichzeitig schätzen. Und genau das nennt man WählerInnen-Ströme. Sie geben, bilanziert wieder, wer von wem wieviel gewonnen resp. wer an wen wieviel verloren hat.

Das Beispiel
Der “Bote der Urschweiz” hat heute eine solch statistische Datenanalyse der Schwyzer Wahlen publiziert. Präzise handelt es sich um eine Untersuchung der 17 Gemeinden, in denen effektiv nach Proporzbedingungen politische Parteien gewählt wurden; in den anderen Gemeinden wird zwar auch nach den Verhältniswahlrecht gewählt, doch handelt es sich um Einwahlkreise, sodass es sich faktisch um Majorzwahlen handelt.

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Beispielhafte Darstellung einer Wählerwanderungsanalyse. Die Grösse der Kreis symbolisiert die Summe aller Wanderungen (+ oder – beachten), jene der Pfeile die Stärke der bilateralen Wanderungsbilanzen. Kleinstbilanzen sind der Uebersichtshalber weggelassen worden (Quelle: Bote der Urschweiz)

Die Ergebnisse
Was sind die Ergebnisse der Analyse? Sie helfen, die traditionelle Darstellung von Wahlergebnissen in Wählerprozenten im Verbund zu interpretieren. Man erhält Hinweise darauf, von wo die Gewinne einer Partei, hier der SVP kommen, und wer wieviel dazu beiträgt.

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Traditionelle Darstellung von Wahlergebnissen in Wählerprozenten, die mit dem Wissen aus Wählerstromanalysen verbessert gelesen werden kann.

können wie folgt zusammengefasst werden. In den 17 untersuchten Gemeinden des Kantons Schwyz ist die Beteiligung gegenüber den Kantonsratswahlen von 2004 im Jahre 2008 um 1,1 Prozent leicht angestiegen. Die Neumobilisierung hat vor allem der SVP genützt; sie legt nur schon deshalb zu. Marginale Gewinne verzeichnet hier auch die CVP, nicht aber die FDP. Die SP ihrerseits verlor zunächst an die Nicht-Mehr-Wählenden Stimmen.

Wenn die SVP im Zeitvergleich von 2004/8 mit +7,7Prozent am meisten gewann, hat das indessen nicht nur Mobilisierungsgründe. Sie verzeichnet auch WechselwählerInnen-Gewinne. Sie gewann von allen anderen Regierungsparteien hinzu, nicht aber von allen gleich viel. Es gilt: Je näher der politische Standort mit jenem der SVP verwandt ist, desto mehr gewann die SVP Wählenden von dieser Partei. Konkret: Zuvorderst steht die FDP, dann die CVP und schliesslich die SP, wenn es um Wechselwählende an die Adresse der SVP geht.

Die drei stärksten Salden betreffen dabei die Neuwählergewinne der SVP und die Wechslergewinnen von der FDP und der CVP. Hier ist das Elektorat in Kanton Schwyz insgesamt am volatilsten. Bezogen auf eine Partei ist bei der SP momentan am meisten in Bewegung.

Die Folgerungen für die Parteien
Was heisst das nun für die Parteien?
. Erstens, die SVP gewann die Schwyzer Wahlen, weil sie eine generelle Magnetwirkung für die Wählerschaft hat(te). Das gilt am stärksten für jene, die bisher keine Partei unterstützen, dann für jene, die verwandte Parteien bisher wählten. Sie kann sich aber freuen: Sie in der Wanderungsbilanz nur Pluspunkte, keine Minuszähler.
. Zweitens, die FDP hat einen grossen Minuspunkt: Die Abwanderung von Wählenden an die SVP.
. Drittens, die CVP hat den gleichen Minuspunkt, aber auch einen kleinen Pluspunkt bei der Neumobilisierung.
. Viertens, die SP hat zwei Minuspunkte, denn sie verliert sowohl an die SVP als auch an die Nichtwählenden etwas.

Das Hauptproblem der Parteien im Kanton Schwyz ist demnach die mangelnde Parteitreue, das sekundäre ist die Mobilisierung. Von den Problemen der SP, der CVP und der FDP profitiert gegenwärtig die SVP ganz allgemein.

Meine Erfahrung
Man kann Bedenken haben gegen solche Modellrechnungen. Meine Erfahrung sagt mir, sie sind relativ robust. Sie sind die bisher beste Schätzung, was sich im Kanton Schwyz zwischen 2004 und 2008 parteipolitisch ereignete, wenn man sich auf kantonale Wahlen konzentriert.

Claude Longchamp