Im Ausland kennt man das Tool schon lÀnger. Bei Schweizer Wahlen propagiert neu die Sonntagszeitung Internetanalysen als Parteienbarometer im laufenden Wahlkampf.
Nachfrage nach Informationen zu Parteien auf Internet gemĂ€ss Google in den letzten 12 Monaten: Der Wahlkampf erzeugte bis jetzt ein geringeres Interesse als die Volksabstimmungen vom November 2010; der Stand gleicht dem bei den ZĂŒrcher Wahlen vom FrĂŒhling 2011.
SVP vor SP, FDP und CVP. Dies ist die Rangierung der politischen Parteien im neuen Barometer der Sonntagszeitung. Eingestellt hat sich die Reihenfolge in der Woche vom 7. August; seither ist sie stabil. Der Vorsprung der SVP ist krÀftig, wÀhrend vor allem FDP und CVP sehr nahe beieinander liegen.
Das neue sog. Parteienbarometer der Sonntagszeitung basiert nicht auf kantonalen Wahlanalyse. Es brĂŒcksichtigt keine WĂ€hlerInnen-Befragungen, und es stellt auch nicht auf Wahlbörsen ab. Vielmehr basiert es auf eine Medieninhaltsanalyse, einer speziellen allerdings – O-Ton Sonntagszeitung: „Die aufgezeigten Trends stellen lediglich Suchanfragen nach den genannten Parteien dar. Ziel von Google Insights for Search ist es, Erkenntnisse ĂŒber verbreitete Suchmuster zu liefern. Die Berechnung der Ergebnisse basiert auf verschiedenen SchĂ€tzungen. Die Insights for Search-Karte ist fĂŒr allgemeine Volumenanalysen vorgesehen.“
In der Wahlforschung rangieren solche Tools hinter der Wahlbefragungen und Wahlbörsen nur an dritter Stelle, wenn es um den analytischen Wert zu den Wahlaussichten geht. Das hat seine GrĂŒnde: Zuerst die Messeinheit, die Interesse an, nicht aber UnterstĂŒtzung von Parteien bestimmt; dann das Beobachtungsmedium, das mit Internet eine klare EigenselektivitĂ€t hat, und schliesslich die Messtechnik, die von google stammt, und pauschal umschrieben, fĂŒr Marktforschung geeignet ist.
Vor Quantifizierungen, zum Beispiel zu ParteistĂ€rken, sei deshalb ausdrĂŒcklich. Etwas zuverlĂ€ssiger sind Reihenfolgen unter den Parteien. Das Beste an solchen Instrumenten sind jedoch die ZeitverlĂ€ufe. Denn sie zeigen, dass das Interessen an Parteiinformationen abhĂ€ngig von Ereignissen ist: Politischen Gross-Events wie herausragende Volksabstimmungen, BundesrĂ€tInnen-Wahlen oder eben dem anziehenden Wahlkampf.
Auf die Dauer muss das aber nicht so sein. So zeigt die Uebersicht ĂŒber die vermessenen Parteiinteressen seit anfangs 2009, dass die SVP im Internetintesse vor der FDP liegt, gefolgt von der SP und der CVP. Die FDP kennt damit mehr Interesse auf Internet als Anteile unter WĂ€hlenden. Bei der CVP klafft beides in umgekehrter Richtung auseinander.
Man wird, in den Wochen bis zur Wahl, die Indices der Parteien schnell konsulitieren, um etwas ĂŒber das Internet-Interesse zu erfahren. AngekĂŒndigt ist ĂŒbrigens auch vom FOeG der Uni ZĂŒrich aus, in den letzten 6 Wochen eine vergleichbare Analyse ĂŒber einen Querschnitt aller Medien mit ParteiprĂ€senzen zu veröffentlichen.
So bleibt die Bilanz: Die AnkĂŒndigung eines neuen Parteienbarometers vermag das Instrument kaum einzulösen. Wenn man dessen Ergebnisse mit Prognosen oder aktuellen Wahlabsichten nicht verwechselt, ist es fĂŒr die Trendanalyse ganz nĂŒtzlich.
Claude Longchamp
Mich spricht ein Hinweis, den man der Grafik entnehmen kann, besonders an.
Mit dem anwachsenden Interesse an den anstehenden Wahlen nimmt die Polarisierung wieder zu. Denn das Wachstum ist bei SVP und SP ĂŒberproprotional.
Unterentwickelt bleibt es bei FDP und CVP.
In die nÀchsten Wochen extrapoliert heisst das: Je mehr Aufmerksamkeit, desto mehr bekommen extreme Positionen Auftrieb.
Leider!
Ja, Bernd, der Zusammenhang ist offensichtlich.
Wenn die Kampagnen auf dem unteren IntensitÀtsniveau ist, können die Zentrumsparteien relativ gut mithalten. Wenn die Aufmerksmakeit insgesamt steigt, profitieren die Polparteien zuerst, die SVP noch mehr als die SP.
Das ist ein nicht unbekannter Mechanismus, der eine SchwÀche der Wahlkampagnen von FDP und CVP nahelegt: Sie können selbst dann, wenn WahlkÀmpfe nicht auf Hochtouren laufen, das Heft nicht an sich reissen.
Meines Erachtens sagt die Grafik vor allem eines aus:
Der durchschnittliche SP-WĂ€hler darf sich eines genĂŒgend grossen Verstandes erfreuen, um nicht via Google seine Partei ausfindig machen zu mĂŒssen.