Listenverbindungen 2007: GPS profitierte davon, FDP und SVP schadeten sie

Listenverbindungen gehören zu den Eigentümlichkeiten des schweizerischen Wahlrechts. Es ist längst Zeit, dass sie genauer angesehen werden.

Voraussichtliche_Listenverbindungen
Uebersicht über die Listenverbindungen, die sich 2011 abzeichnen (Quelle: Weltwoche)

Ohne Listenverbindungen wäre die GPS im jetzigen Parlament nicht so stark. Sie hätte 4 Sitze, je einen in Zug, Solothurn, St. Gallen und Neuenburg, weniger. Ein Mandat minus hätte für die CVP herausgeschaut; in Zürich und im Aargau wäre je ein Sitz nicht zustande gekommen, derweil man im Jura einen mehr gemacht hätte.

Veritable Verliererinnen wären die FDP und die SVP gewesen. Die FDP hätte zwar den Sitz in Baselstadt nicht gemacht, dafür je einen in mehr In Zürich, Schwyz, Zug, Solothurn und St. Gallen. Die SVP wiederum hätte auf den Jura-Sitz verzichten müssen, wäre dafür aber in Züruch, Freiburg, Aargau und Genf bedient worden.

Bei der SP wäre die Gesamtbilanz 2007 gleich geblieben. In Schwyz und in Genf hätte man profitiert, in Baselstadt und Neuenburg hätte man Schaden davon getragen. Schliesslich hätte die SP in Freiburg keine Sitz gemacht und die GLP in Zürich einen weniger erhalten, hätte es keine Listenverbindungen gegeben.

12 Sitze sind damit 2007 durch Listenverbindungen parteipolitisch beeinflusst worden. Da hätte 6 Prozent der gegenwärtigen VolksvertreterInnen betroffen. Geschwächt worden ist dabei die rechte Seite, während das Zentrum und die Grünen gestärkt wurden.

Damit stimmt nicht mehr eindeutig, was lange die Regel war: Listenverbindungen nützen nämlich nicht mehr ausschliesslich den grossen Parteien. Ob das Zufall ist oder einen Grund hat, weiss man allerdings nicht so genau.

Selbstverständlich kann man die hier vorgeführte Analyse, geleistet von einem Politologenteam der Universität Genf, kritisieren. Sie unterstellt nämlich, dass das Wahlverhalten genau gleich gewesen wäre, hätte es die Listenverbindungen gar nicht gegeben. Bei den meisten BürgerInnen, kann man sagen, spielt das tatsächlich keine Rolle. Bei einer Minderheit kann es durchaus sein, dass Taktik im Spiel ist, etwa nach dem Motto: Wenn die Parteien schon kooperieren, darf ich meine Einzelstimmen durchaus auch verteilen.

Das führt denn auch zur einer Relativierung des strategischen Wählens. Das hat 2011 mehr Auswirkungen auf das Zentrum als bisher, denn es ist durch das neuer Parteien (glp, bdp) fragmentierter denn je. Eine grosse Listenverbindung, ausgehend von der CVP, mindestens die GLP und BDP, allenfalls auch die EVP umfassend, hätte hier Folgen. Daniel Bochsler, Politologe am Zentrum für Demokratie in Aarau, schätzt, dass insgesamt 10 Sitzgewinne alleine dadurch möglich würden. Das ist wahrscheinlich mehr, als die Wahlkämpfe der Parteien bewirken.

Gemacht wird dies indes nicht, weil die Parteien mit ihrem Auftritt in erster Linie ihren eigenen Nutzen maximieren wollen, und Listenverbindungen eher als Rückversicherungssystem für die Restmandatverteilung denn als politisches Kalkül interpretieren. Das sieht man besten daran, dass bürgerliche Allianzen, selbst solche zwischen FDP und CVP zurückgehen, dafür aber, beispielhaft, im Kanton Bern die neue (linksliberale) Piratenpartei mit der neuen (rechtskonservativen) Jimy-Hofer-Liste zusammenspannt.

Claude Longchamp