Zoonpoliticon als Teil der Medienkommunikation

Vor Kurzem wurde mein Blog mit andern im Rahmen einer Bachelor-Arbeit der Hochschule für Wirtschaft in Zürich untersucht. Kaum ein Beitrag selbst etablierter Politblogs in der Schweiz werde in den Massenmedien zitiert, war das Fazit. Ein Einblick in den zoonpoliticon als Teil der Medienkommunikation aus meiner Sicht.

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Idealisiertes Verhältnis von Blogkommunikation und massenmedialer Kommunikation (Quelle: Zerfass 2005)

Man kann die Erwartungshaltung des Studenten kritisieren. Denn Blogs haben drei grundlegende Funktionen:
. Sie dienen der eigenen Identitätsvergewisserung: Was von allem, das ich in meinem Alltag erfahre, ist für mich wichtig?
. Sie sind ein eigene Form der Informationsverarbeitung: Was, von dem, das mir wichtig ist, will ich elektronisch festhalten?
. Und sie sind eine Form der Beziehungspflege: Wen will informieren, von wem möchte ich Reaktionen, und mit wem möchte in einen Dialog treten?

Erst da geht es um die Relation zu den Massenmedien. Blog sind dabei, wie es der deutsche Mediensoziologe Jan Schmidt sagt, personalisierte Oeffentlichkeiten. Das Spektrum der Beiträge aus der Blogosphäre ist breit: Es reicht von speziellen Erlebnissen im Sinne des Bürgerjournalismus bis hin zum Fachwissen, das man als Experte einbringen will.

Man kann die Erwartungshaltung des jungen Forschers aus Zürich aber auch als Ansporn sehen: Mir war schon länger klar, dass verschiedene Medienschaffende meine Blogs (diese und den Stadtwanderer) mehr oder minder regelmässig konsultieren. Gelegentlich entdeckte ich Themen wieder, die ich als Erster aufgriff, manchmal fanden sich Argumentationsweisen, die ähnlicher nicht sein konnten, und gelegentlich las ich eine Pointe, die ich kommuniziert hatte, andernorts erneut. Dabei gilt: Verbereitet werden ist wichtiger als zitiert werden.

Nun fällt auf, dass zoonpoliticon recht häufig expliziert zitiert. Nicht nur durch andere Blogger, bisweilen auch durch KolumnistInnen, und seit jüngstem auch durch JournalistInnen. Zoonpoliticon wird leider erst selten erwähnt, dass es mein Blog sei, dagegen schon. Das ist diese Woche gleich mehrfach der Fall gewesen: Zum Beispiel hier auf newsnetz, bei 20 Minuten oder bei SF. In keinem Fall habe ich mit den Schreibenden gesprochen.

Zunächst bedanke ich mich bei meinen Kommunikationspartnern. Eine Brücke zu schlagen zwischen politikwissenschaftlichen Einsichten, Forschungsresultaten und Positionen von Kommunikatoren einerseits, den Zielgruppen der wissenschaftlichen Debatten anderseits war schon immer das Ziel dieses Blogs. Studierende, KollegInnen an den Universitäten, OeffentlichkeitarbeiterInnen in Parteien oder Firmen, und last but least Medienschaffende gehören selbstredend dazu.

Ueber die Gründe, kann man vorerst nur spekulieren. Aggregatoren zwischen Blogosphäre und Massenmedien wie der leider eingeschlafene “Mokka-Café” beförder(te)n die Sache offensichtlich. Sicher sind auf Hinweise auf andern Blogs, vor allem im Umfeld von kritischen PR-Beratern wie Bernet oder Balsiger reputationsfördernd. Schliesslich muss jeder und jede, der/die blogt, auch für sich werben. Plausibel sind für Nachahmer scheinen mir die folgenden Ursachen: die Prominenz des Absenders, eine thematische Spezialisierung, das Fachwissen sind wohl grundlegende Voraussetzungen. Hinzu kommen der Bezug zu Mediendiskussion, die Aktualität der Beiträge und die Klarheit zentraler Informationen oder Aussagen.

Generell kann man sagen, dass Blogs, die mit Massenmedien in Verbindung stehen, einen doppelten Bezug haben. Sie können vorausgehen, selten genug bei Themen, häufiger bei Argumenten, ganz ordentlich bei Studienergebnissen. Da haben sie eine allgemeinen Zitierpotenizial. Sie sind aber auch ein Reflexionstool zu massenmedial Publiziertem, um zu verstärken, zu kritisieren, oder Informationen weiter zu führen. Das haben sie vielleicht weniger Zitierpotenzial, stehen aber in einem Dialog zu Massenmedien, wenn sie von diesen akzeptiert. Das Zitieren ist ein Beleg dafür.

Claude Longchamp