73 VertreterInnen in den Genfer Gemeinde-Exekutiven stellt das Mouvement Citoyen Genevois seit diesem Sonntag – das sind 61 mehr als bisher. Denn die Protestbewegung, bisher nur in 3 Kommunalregierungen vertreten, weitet den eigenen Aktionsradius auf 19 Municipalités aus. Mit diesem Erfolg war man der grosse Sieger bei den Genfer Gemeindewahlen.
Eric Stauffer und sein MCG feiern den neuerlichen Wahlerfolg in Genf.
Politologe Pascal Sciarini analysiert in der welschen Presse von heute das Phänomen MCG wie folgt: Entstanden ist es rund um die Grenzgänger-Frage. Die frontaliers dienen dabei als willkommene Projektionsfläche für Vieles: den Stau auf den Strassen, die Unsicherheiten am Abeitsplatz, ja selbst für die steigenden Mietzinse. Denn wer auch nur sporadisch komme, möchte irgendwie für immer bleiben, ist die Logik.
Wie alle populistischen Bewegungen arbeitet das MCG mit dem Gefühl der Unsicherheit – und hat damit vor allem bei Polizisten erfolg. 2005 trat man auf kantonaler Ebene erstmals an; 2009 folgte die Bestätigung im Kantonsparlament. Jetzt gelang der Bürgerbewegung der eigentliche Durchbruch. 73 Genfer Gemeinderäte gehören neuerdings ihr an. Auf 10 bis 12 Prozent Wähleranteil schätzt der Direktor des Genfer Instituts für Politikwissenschaft den Neuling in der Parteienlandschaft.
Gearbeitet wird vor Ort, in den Vororten und Quartieren, aber auch via Medien, die gerne über das Neue berichten. Reduzieren könne man die Bewegung nicht auf ihren Präsidenten, Eric Stauffer, sagt der Fachmann. Der stehe zwar im Zentrum des öffentlichen Interesses, habe aber zahlreiche Stellvertreter, lieutnants, mitgezogen, weiss der Politikwissenschafter. Das stabilisiere.
Wenig Gesichertes weiss man über die Wählerschaft des MCG. Vermutet wird vor allem, dass es unzufriedene WählerInnen anderer Parteien anziehe. Denn die Wahlbeteiligung bei Genfer Wahlen schnellt nicht einfach nach oben. Nimmt man die Gewinne und Verluste von diesem Wochenende, beschränken sich die Wanderungen mit Sicherheit nicht einfach auf die SVP. Denn die verlor nur wenig. Stärkere Einbussen erlebten die halbfusionierten FDP/Liberalen, aber auch die linke Solidarité. Sciarini vermutet denn auch, dass deren Wählerschaft direkt von ganz links nach ganz rechts wechselt -aus Protest über das Versagen der staatlichen Programme. So ist die Solidarité in der Vortsgemeinde Vernier ganz aus den Behörden gekippt worden.
Wo genau man stehe, will das MCG nicht sagen. Klar ist der populistische Appell, offensichtlich auch die Nähe zur Rechten, sucht man doch die Kooperation mit Rechts gegen Links. Vertreten werden aber auch soziale Anliegen, um die unteren Schichten anzulocken, glaubt der Politanalyst. Bei Grünen und SP, hat das bisher wenig geklappt; gebrochen wurde aber deren mehrheit im prestigeträchtigen Stadtgenfer Parlament. Und: Solange das MCG von den Rechtsparteien nicht als gleichwertige politische Kraft anerkannt werde, werde man sich von fall zu fall positionieren, um als kräftige Zunge auf der Waage der Mehrheitsbeschaffung zu funktionieren. Einfacher werde das Regierung in Genf so nicht, bilanziert Sciarini.
Das grosse Ziel des MCG ist es schon länger, bei den Nationalratswahlen 2011 Sitze zu machen – am besten auch ausserhalb des Kantons Genf. Zuammen mit der Lega dei Ticinesi möchte man eine eigene Fraktion rechts der SVP gründen können. Ob es dazu kommt, kann man aber auch bezweifeln. Denn der Vorteil von Bewegungsparteien wie dem MCG ist es, schnell und präzise auf lokale Probleme reagieren können.
Doch genau das macht es auch schwer, das lokale Erfolgsprojekt in andere Kantone zu exportieren. Denn schon in Lausanne, aber auch in Neuchâtel sind die Verhältnisse zwar gleich strukturiert, aber anders konnotiert. Deshalb gelingt es der SVP nur schwer, im Tessin und in Genf Fuss zu fassen, während kantonale Bewegungen wie die Lega oder das MCG kaum über ihre Kantonsgrenzen hinaus kommen.
Claude Longchamp
Und nun bräuchte es noch so eine Kleinpartei in der Deutschschweiz, die sich den Ängsten und Sorgen der Bürger ernsthaft annimmt, gleichzeitig ein starkes Gewicht auf die sozialen Bedürfnisse setzt und zugleich auch noch ein grosses Augenmerk auf die grünen Aspekte wirft.
Das geb nen Gipfelstürmer und bei einem gleichzeitigen Zusammenschluss mit der MCG und Lega dürfte sich die SVP langsam Sorgen um die Saumlänge ihrer Hosen machen.
So, das war nun aber ein schöner Traum!
Gegenbemerkung: War das nicht das eigentliche Programm der Schweizer Demokraten? – Warum ziehen die, anders als in Genf und Lugano nicht mehr?
Bemerkung 1:
Warum traut man der SVP nicht zu, dass sie das kann, was Mouvement Citoyen Genevois nun können will?
Meine Antwort: Die SVP hat bewiesen, dass sie jedes Problem aufbauschen kann, aber Lösungen sind noch weit entfernt. (Dass die SVP ja keine Lösungen will, habe ich schon mehrmals begründet)
Bemerkung 2:
Die Exponenten der SD haben halt schon vor Jahren gezeigt, dass barttragen und (verbal und physich) dreinschlagen nicht gut ankommt.
@ cal
Vieleicht liegts dran, dass das Thema “Grenzgänger”, kein Thema in der Deutschschweiz ist. Denn das war der Aufhänger.
Wir weniger Arbeitslose (wegen der Grenzgänger?)haben und man sich nicht kratzt, wenn es einem selbst nicht juckt.
So hat man mit den Betroffenen ein lockeres Spiel.
@ rehcolb
Wie bitte? Barttragend? Die Herrgottsandalen und gelismeten Pullover gegen Armani-Anzüge tauschen zeigt zwar die Tiefe einiger Politiker, aber ob einer da mit oder ohne Bart politisiert, sich aber ansonsten treu bleibt, darin sehe ich kein Problem. Aber da von Staates wegen noch so gerne alles reglementiert wird, wir langsam zu Marionetten werden, lassen wir doch das Barttragen auch verbieten.
Ansonsten sollten wir doch in die Zukunft blicken und uns nicht von der Vergangenheit leiten lassen.
@ recolb
…(verbal und physisch) dreinschlagen nicht gut ankommt.
Lies doch mal den Artikel in der letzten Weltwoche auf Seite 36 mit dem Titel “Grün macht aggressiv”.
Aber eben, was man den Eigenen zugesteht, verpöhnt man bei den Anderen.
@ate: mit Barttragend meine ich symbolisch jenen Ur-SD-ler, der sich mit besonders demokratischen verbalen Ausfälligkeiten an den Ogi rangemacht hat ….
apropos grün: Jetzt, mitten im Fukushi-Debakel, kippt die Mitte und Rechte nach hellgrün …
Ich lese dann noch Seite 36, wobei mir ja die Weltwoche immer mehr zuwider ist, da wird Seitenweise gelogen, und die Lügen auf der nächsten Seite widersprechen der Lüge der vorherigen ..
@ rehcolb
Weiss zwar nicht wen Du meinst, aber wegen einem Ur-SD’ler gleich alle in den gleichen Topf werfen? Auch wenn’s nur symbolisch war.
Das wirds sein: Nicht der Inhalt zählt, sondern eine vor Jahren gehörte Meinung und schon bekommt die Partei einen Negativstempel über Jahre hinweg aufgedruckt. (Oder cal?)
Wenn sich nun, Politiker die vor dem Fukushima-Debakel, für AKW’s waren und sich nun dagegen aussprechen, ist das nicht grade sehr glaubwürdig.
Bei Holenweger und den Hells Angels z.B. lag die Weltwoche nicht so falsch. Ansonsten würden die Tages-Zeitungen entweder bei der Weltwoche abschreiben oder selbst auch lügen.
Du musst Dir die Finger nicht schmutzig machen. Kannst auch das Buch Wahl der Wörter – Wahl der Waffen? kaufen oder es auf http://www.zora.uzh.ch/42689 nachlesen.
nö, die seite 36 genügt.
Je nach Blickwinkel kann man natürlich auch die Grünen als agressiv bezeichnen. Nur: Die Grünen haben immer recht! Ob es uns mit grüner Politik besser ginge, bleibe dahingestellt. Wie nachhaltig die rechtsbürgerliche Politik ist, sieht man fortlaufend: statt die Zukunft zu planen, muss man laufend die Schutthaufen der Vergangenheit ausbügeln: Immokrise, Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Swisskrise, Atomkrise …..und das gleiche wiederholt sich alle 10 Jahre.
Da halte ich es mit den Grünen, denn ich habe auch immer recht.
Ob es uns mit der grünen Politik besser ginge? Nun ja, unserem Gewissen, dass man uns am Laufmeter als schlecht eintrichtert, allemal.
Den Schutthaufen, den Du der rechtsbürgerlichen Politik zuschreibst, kann man durchaus auch aus einem anderen Blickwinkel sehen.
– Immobilienkrise: Nicht mehr bezahlbarer Wohnraum in Zürich wäre treffender. Das Spekulanten aus der Situation Profit schlagen ist unter jeder Sau, aber zu verdanken haben wir es der Annahme der Personenfreizügigkeit. Man weiss es zwar nicht, oder hat es wie die Medien geflissentlich verdrängt, aber die Schweizer Demokraten ergriffen das Referendum. Blocher wollte anfänglich nicht, die JSVP aber schon. “Wie schnell man doch die Seite wechseln kann?!”
Und laut einer Umfrage vom Beobachter, bei der auch ich mitmachte, fordern 67% weniger Zuwanderung.
– Swisskrise: Die Swissair wäre nicht gegroundet, hätte der BR nicht zu lange gezögert. Also wollte er es bei der
– Finanzkrise: UBS besser machen, sprich das machen, welches er bei der Swissair versäumt hat, liess es schnell und ohne Debatte vom Parlament absegnen und trampte bereits wieder ins nächste Fettnäpfchen. Abwegen müsste man halt können!
– Wirstschaftskrise: Ursprünglich von den USA ausgehend. Wenn die EU ihre Mitgliedländer nicht im Griff hat und begonnen bei Island, weiter mit Irland und Griechenland der Euro abserbelt. Ja, dann haben wir eine Wirtschaftskrise in der Schweiz weil der Franken unverschuldet zu hoch ist. Aber die Schweizer Rechte trägt schuld!
– Atomkrise: Schon mal daran gedacht, dass nicht das Erdbeben der Auslöser, sondern es der Tsunami war und die Schutzmauern nur auf 10m Höhe gebaut wurden?
Also bauen wir doch rund um den Züri, -Bieler- und Genfersee einen Schutzwall von 20 Meter Höhe, damit die Schaumwellchen bei einem Seebeben dann ja nicht übers Ufer treten.
Und wo bitteschön ist da nun unsere Atomkrise? Die einzige Krise die ich bei uns sehe, ist die, dass man ob diesen hystherischen “Experten” bald mal selbst eine Krise bekommt und die hat dann nichts mit der Atomkrise zu tun.
Und wenn Du, lieber Rehcolb, schon immer die Rechte für alles verantworlich machst, ist es mir ein Genuss Dir ein paar Zeilen aus einer Kolumne von Peter Bodenmann (Ex-Präsident der SP Schweiz) abzuschreiben (wieder aus der Weltwoche, oder meinst Du, die hätten auch dem seine Worte verdreht und gelogen?):
“Moritz Leuenberger hat erfolgreich den Einstieg in die alternativen Energien verhindert. So installierte im Jahre 2010 der rechte Berlusconi pro Kopf 25-mal mehr Solarstrom als der antriebslose Schweizer Sozialdemokrat.”
Aber gell, immer schön auf die Rechte verbal losprügeln!
Und ausserdem, wenn ich schon mal dran bin. Die Bürgerlichen (ohne SD)im Zürcher Gemeinderat wiesen das Budget zurück. 220.000 Mio sollten eingespart werden. So schön, so gut, denn jede Hausfrau weiss, dass sie nicht mehr ausgeben kann, als sie zur Verfügung hat. Aber unsere rot-grüne Regierung begann zu trötzeln, strichen Posten, die wehtaten, nur ist der Zürcher Bürger nicht fähig diese Kindergartentaktik zu sehen. Die Bürgerlichen sind wieder mal die Bösen.
Es lag am Stadtrat, er musste kürzen. Und was tat er? Fr. 250.000.– strich er z.B. für Essen und Unterhaltung in den Altersheimen, sprach aber gleichzeitig einen Kredit in der gleichen Frankenhöhe für eine Schaukel die in einem Park stehen soll und unter Kunst läuft.
Tja, so kann man alles aus einem sich selbst passendem Blickwinkel sehen!
Entschuldige Cal, ich wurde sooooetwas von lang. Aber hätte ich es nicht getan, so hätte ich mich selbst verleugnet.
na ja, was Leuenberger da gebremst haben soll, weiss ich auch nicht.
Die Rechte sagt ja, dass er gar nicht getan hat.
Wer ha den die vielen Krisen bearbeitet? Die Grünen im Pullover?
Immerhin sagt Bodenmann indirekt, dass 25 mal 2% = 50 % Solarstrom möglich sind? Schöne neue Welt!