Ständeratswahlen im Kanton Bern: zum Beispiel Niederönz

Morgen wählt der Kanton Bern die Nachfolge für Simonettas Sommaruga als Ständerätin. Wer vorne liegt, weiss man im Verlauf des Nachmittags. Wer nicht solange warten will, macht sich seine eigene Hochrechnung – zum Beispiel mit Niederönz.

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Was aus der Wahlurne von Niederönz bei Ständeratswahlen hervorgeht, hat gesamtkantonal Bestand

Das beste kleine Abbild des Kantons im ersten Wahlgang zu den Ersatzwahlen in den Ständerat 2011 war die oberaargauische Gemeinde Niederönz. Bei keiner der vier Kandidaturen war die Abweichung grösser als 1 Prozentpunkt. Und bei der Stimmbeteiligung wich man im untersten Promillebereich ab. Vorne lag Amstutz mit 39.8 Prozent der Stimmen (kantonal: 38.8), gefolgt von Ursula Wyss mit 34.2 Prozent (kantonal 33.6), Christa Markwalder mit 18.7 (kantonal 19.7) und Mark Jost mit 7.3 (kantonal 7.9).

Wenn man es ganz einfach haben will, kann man morgen Sonntag schnell auf das Resultat der Vorortsgemeinde von Langenthal schauen. Denn an ihr kann man schon mal abschätzen, was Sache werden dürfte.

Natürlich sind Einzelbeobachtungen mit Vorsicht zu geniessen. Deshalb empfiehlt es sich, weitere Informationen beizubeziehen. Schauen werde ich in erster Linie auf Vechigen und Kaufdorf in der Berner Agglomeration. Sie waren im ersten Wahlgang ebenfalls recht präzise Trendgemeinde. Das gilt, mit Einschränkungen, auch für Plagne im französischen Kantonsteil und Schwanden bei Brienz in der deutschsprachigen Gegend des Kantons Bern.

Das Interessante an den benannten Gemeinden ist, dass keine besonders gross oder klein ist. Es sind typisch bernische Mittelgemeinden mit etwas mehr oder weniger als 1000 EinwohnerInnen. Keine der Kommunen ist ein Zentrum, jedoch liegt auch keine ganz in der Peripherie. Vielmehr haben sie alle etwas Eingemittetes.

Niederönz beispielsweise hat den klassischen Weg einer Berner Ortschaft hinter sich: Zuerst zähringisches, dann kyburgisches Gut, anschliessend klösterlich via Herzogenbuchsee, dann herrschaftlich bei Bern, kommt es bei der Kantonsgründung zum Amtsbezirk Wangen. Seit der grossen Kantonsreorganisation ist man beim Verwaltungskreis Oberaargau zugehörig. Die Bevölkerungszahl wuchs seit dem 19. Jahrhundert gemächlich an, in den letzten 40 Jahren hat sie sich rasch auf rund 1500 Personen verdoppelt. Aus der ehemaligen Bauerngemeinden auf dem Land wurde so eine Agglogemeinde mit gemischter Wirtschaftsstruktur.

Politisch ist die SVP führend: Bei den Nationalratswahlen gab es einen Anteil von 37 Prozent für diese Partei, gefolgt von der SP mit 20, der FDP mit 15 und den Grünen mit 9 Prozent am WählerInnen-Kuchen. Niederönz kennt damit, wie der Kanton auch, eine bürgerlicher Mehrheit und eine starke linke Minderheit. Entsprechend stimmt man. Bei der Waffeninitiative war man mehrheitlich dagegen, bei Mühleberg II mehrheitlich dafür.

Die grösste Unsicherheit bei dieser einfachen Hochrechnung liegt in der Mobilisierung. Erwartet wird, dass die Teilnahme tiefer sein wird als am 13. Februar. Wenn sie gesamtkantonal gleichmässig zurückgeht, hat das auf die Mustergemeinden keinen Einfluss, wenn nicht schon.

Gespannt warte ich auf die Gemeinde-Resultate morgen!

Claude Longchamp