Coopetition als Strategie der SRG SSR

Auf den ersten Blick, ist der Begriff eine Widerspruch ins sich, auf den zweiten beschreibt er die Medienstrategie des neuen SRG-Generaldirektors Roger de Weck. Im Grossen und im Kleinen.

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Roger de Weck, neuer Generaldirektor der SRG, erklärt seine Strategie-Vorstellung für den Medienplatz Schweiz

“Wir debattieren über Strategien für den Finanzplatz, für den Werkplatz, den Hochschulplatz – aber wir führen keine Diskussion über die Zukunft des Medienplatzes Schweiz in der Globalisierung”, diktierte Roger de Weck Francesco Benini ins Notzbuch, als der NZZamSonntag-Redaktor den neuen SRG Generaldirektor zu seinen Plänen interviewte. De Weck kritisierte diese Absenz eine nationalen Medienstrategie, der zentrale Logik sei, was die SRG gewinne würde, gehe zu lasten der privaten Medienhäuser in der Schweiz – und umgekehrt. Denn die vorherrschende Analyse sei falsch, übersehe, dass im globalen Massstab allesamt Liliputaner seien. Demnach liege es im Interesse aller Medienhäuser in der Schweiz, einander zu stärken, statt zu schwächen.

Das Rezept der SRG-Obersten heisst deshalb “Coopetition” – ein ökonomisch inspiriertes Kunstwort aus “cooperation” und “competition”, das genau eine solche Mischung von Strategien will. Bei de Weck heisst das: Koopetationen im beiderseitigen Vorteil, etwa bei der Werbung, anderseits Konkurrenz beim Angebot.

Zu dieser Ueberlegung gekommen ist de Weck aus der Analyse der Medienverhältnisse in Deutschland, wo Google einen 60prozentige Marktanteil im Internet hat, und mit Facebook ein neuer Akteur hochschnellt, bei dem man noch zielgerichteter werben kann. Da haben sie vier Anbieter aus der deutschen Verlags- und Medienbranchen zusammengetan, um mit einer gemeinsamen Vermarktungsfirma für Internet-Werbung die kritische Masse gegen die Riesen entgegensetzen zu können.

Darüber hinaus propagiert der neue Generaldirektor im Interview mit der NZZ am Sonntag zwei seiner Grundsätze: mit Sport und Unterhaltung am nationalen Zusammenhalt der Schweiz zu arbeiten, und mit einer Politik der Unabhängigkeit, des Ausgleichs und Minderheitenschutzes der Vorherrschaft einzelner politischer Strömungen und Sprachregionen entgegenzutreten.

Ein wenig kam mir die Lektüre vor wie die Verhandlungen für das Wahlbarometer 2011. Denn nebst den Redaktionen der SRG SSR, die wir primär beliefern können, gibt es eine Kooperation mit 5 grösseren Regionalzeitungen aus verschiedenen Verlagshäusern: Le Temps, Neue Luzerner Zeitung, Mittelland-Zeitung, St.Galler Tagblatt und Südostschweiz. Und gegenüber den Parteien ist das Projekt unabhängig konzipiert.
Claude Longchamp